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Inspiriert von ihren Eltern: Baicy Terbrüggen holt indische Fachkräfte nach Deutschland

Es ist kein Geheimnis: Deutschland braucht Fachkräfte. Besonders im Gesundheitswesen mangelt es an Personal. Laut einer aktuellen Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) konnten im Jahresdurchschnitt 2023/2024 rund 47.400 Stellen nicht mit passend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern besetzt werden. Bereits im Jahr 2029 könnte diese Zahl laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts auf 60.000 bis 250.000 anwachsen.

Gleichzeitig verzeichnet der südindische Bundesstaat Kerala ein Überangebot an Pflegekräften. Seit Jahrzehnten entsendet Kerala gut ausgebildetes Gesundheitspersonal vor allem in die Golfstaaten – aber auch in angelsächsisch geprägte Länder wie Großbritannien, Kanada oder Australien.

Es ist keine neue Idee, Pflegekräfte aus diesem Teil Indiens auch nach Deutschland zu holen: Bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren kamen Tausende Krankenschwestern aus Kerala, blieben, wurden Teil der Gesellschaft und gründeten Familien. Vor dem Hintergrund der heutigen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt ist es daher nur konsequent, den Blick bei der Fachkräfterekrutierung wieder verstärkt auf Indien zu richten.

Eine der Agenturen, die diesen Trend aktiv vorantreibt, ist Kaam-In aus Köln. Das Unternehmen hat sich auf die Vermittlung indischer Pflegekräfte spezialisiert. Wir haben mit der Gründerin und Geschäftsführerin Baicy Terbrüggen gesprochen.

Kaam-In Gründerin Baicy Terbrüggen (Quelle: Kaam-In)

Kannst du uns mehr über euch erzählen? Was genau macht ihr? 


Kaam-In vermittelt qualifizierte Pflegefachkräfte und Auszubildende aus Indien nach Deutschland und Österreich. Wir unterstützen Unternehmen bei der Rekrutierung internationaler Talente und begleiten Fachkräfte durch Sprachkurse, kulturelle Trainings und einen reibungslosen Integrationsprozess. Ziel ist es, nicht nur den Fachkräftemangel zu bekämpfen, sondern auch langfristige Bindungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu schaffen. 

Seit wann seid ihr tätig? Was war ausschlaggebend für die Gründung des Unternehmens? Hat der allgemein gestiegene Bedarf an Fachkräften in Deutschland eine Rolle gespielt? 

Kaam-in wurde in 2022 gegründet, allerdings sind wir schon seit mehr als 8 Jahren in der Branche tätig. Die Inspiration für die Gründung meiner Firma war in erster Linie meine Eltern, die in den 70er Jahren in den deutschsprachigen Raum gekommen sind, hier die Ausbildung gemacht haben und über 40 Jahre mit Leidenschaft in der Pflege tätig waren. Wir möchten indischen Fachkräften die Möglichkeit geben, im deutschsprachigen Raum ein Leben aufzubauen. Ein weiterer Grund ist es, den akuten Fachkräftemangel im Gesundheitswesen in Deutschland und Österreich zu beseitigen.

Wie sind die Bewerberzahlen aus Indien und wie haben die sich in den letzten Jahren entwickelt? 


Aktuell arbeiten nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) 138.000 indische Fachkräfte in Deutschland. Sie helfen demnach entscheidend gegen den Fachkräftemangel hierzulande. In den letzten Jahren sind vermehrt ausländische Fachkräfte nach Deutschland gekommen und die Tendenz ist steigend. Laut der Bundesregierung sollen in den nächsten Jahren noch mehr Fachkräfte aus dem Ausland kommen. Insbesondere in den Bereichen, IT, Pflege und Medizin. 

Was könnte der Grund dafür sein, dass immer mehr Inder nach Deutschland wollen? 


Deutschland bietet attraktive Karrieremöglichkeiten im Gesundheitswesen, besonders für Pflegekräfte. Die starke Nachfrage nach Fachkräften, die hohe Wertschätzung für den Beruf und die Chance, in einem gut organisierten Gesundheitssystem zu arbeiten, ziehen viele Bewerber an. Auch sind die Möglichkeit des Familiennachzugs und die soziale Sicherheit wesentliche Faktoren, warum sich Bewerber für Deutschland entscheiden. 

Welche Rolle spielt die Sprache? Bereitet ihr eure Bewerberinnen und Bewerber schon in Indien mit z.B. Sprachkursen vor? 


Ja, die Sprache spielt eine entscheidende Rolle. Unsere Bewerber werden in der Kaam-In Language Academy in Kerala umfassend auf das Leben und Arbeiten in Deutschland vorbereitet. Dies umfasst Sprachkurse bis zum B2-Niveau, Pflegefachsprache und interkulturelle Trainings. 

Welche Ausbildung oder welchen Schulabschluss haben die meisten Bewerber?
 

Alle Bewerber haben das indische Äquivalent zur Mittleren Reife. bzw. dem Abitur. Die meisten Bewerber haben ein abgeschlossenes Pflegestudium in Indien. 

Aus welchem Bundesstaat kommen die meisten Bewerber?
 

Viele unserer Bewerber kommen aus Kerala, einer Region mit einer starken Tradition in der Pflegeausbildung und einer hohen Auswanderungsrate in den Gesundheitssektor und der höchsten Bildungsrate in ganz Indien. 

Kommen mehrheitlich Frauen oder auch Männer? 


Es gibt sowohl weibliche als auch männliche Bewerber, wobei traditionell mehr Frauen im Pflegeberuf tätig sind. 

Führt das nicht zu einem Brain-Drain aus den jeweiligen indischen Regionen? Braucht nicht Indien seine Fachkräfte händeringend selbst? 


Wir rekrutieren gezielt aus Regionen, in denen die Abwanderung keine negativen Folgen für das lokale Gesundheitssystem hat. Die meisten unserer Pflegfachkräfte kommen aus dem Bundesstaat Kerala in Südindien. Dort herrscht ein sehr hohes Bildungsniveau und die Rate der Pflegekräfte pro Einwohner liegt deutlich über dem indischen Durchschnitt und somit auch über dem WHO-Richtwert.

Inwieweit unterstützt ihr die Bewerber, die in Deutschland sind? Wie läuft ein typischer Prozess ab? 


Wir begleiten die Bewerber während des gesamten Prozesses: 
Rekrutierung und Sprachvorbereitung inklusive Pflege- und Integrationskurse in Indien. 
Unterstützung bei Visa- und Anerkennungsverfahren. Bei Bedarf Hilfe bei der Wohnungssuche. Unsere Aufgabe endet nicht mit der Vermittlung – wir stehen den Bewerbern und Arbeitgebern auch nach Arbeitsbeginn beratend zur Seite und helfen bei der Integration in Deutschland.

Wie nehmen die Bewerber Deutschland an? Integrieren sie sich gut? Gibt es Probleme mit Rassismus? 

Die meisten Bewerber fühlen sich gut integriert und schätzen die Struktur und Professionalität des deutschen Gesundheitssystems. Es braucht etwas Zeit, bis sie sich in die Kultur integrieren. Natürlich gibt es Herausforderungen bei der Eingewöhnung, vor allem durch kulturelle Unterschiede, Probleme mit Rassismus sind bedauerlicherweise nicht auszuschließen. Auch sind sie oft überfordert mit der deutschen Bürokratie.

Vermittelt ihr nur Pflegekräfte oder auch andere Fachkräfte? 


Der Hauptfokus liegt auf Pflegekräften und Auszubildenden im Gesundheitswesen. Jedoch besteht die Möglichkeit, bald auch andere Branchen zu erschließen. 

Vielen Dank für das Gespräch.

Webseite von Kaam-In für mehr Informationen über das Unternehmen

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