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Neuer Schub für deutsch-indische Beziehungen?

(cg) Beim Besuch des indischen Außenministers Subrahmanyam Jaishankar in Berlin bekräftigten Deutschland und Indien ihre strategische Partnerschaft und kündigten an, diese in den kommenden Jahren weiter auszubauen. Gastgeber Johann Wadephul, deutscher Außenminister, unterstrich in Gesprächen und auf sozialen Medien die zentrale Bedeutung Indiens als wirtschaftlicher, sicherheitspolitischer und technologischer Partner. Im Fokus standen dabei konkrete Schritte zur Intensivierung der Zusammenarbeit in Bereichen wie Sicherheit im Indopazifik, Handel, Fachkräftegewinnung sowie Zukunftstechnologien wie Wasserstoff, Halbleiter und Künstliche Intelligenz.

Beide Seiten zeigten sich entschlossen, die Kooperation im sicherheitspolitischen Bereich auf ein neues Niveau zu heben. Besonders betont wurde die Rolle des Indopazifiks als geostrategischer Schlüsselraum, in dem Frieden und Stabilität für globale Sicherheitsinteressen unerlässlich sind. Wadephul verwies dabei ausdrücklich auf die Beteiligung der Bundeswehr an gemeinsamen Übungen mit indischen Streitkräften – ein sichtbares Zeichen der sicherheitspolitischen Solidarität.

Indiens Außenminister Jaishankar sprach in Berlin allerdings auch Klartext in Richtung Pakistan. In einer Reihe von Interviews stellte er klar, dass Indien nicht auf nukleare Drohungen reagieren werde und in Sicherheitsfragen keinerlei internationale Vermittlung akzeptiere – insbesondere im Konflikt mit Pakistan. Indien, so Jaishankar, werde in Zukunft auch weiterhin unilateral und konsequent gegen Terrorismus vorgehen, wie zuletzt mit der „Operation Sindoor“ als Reaktion auf den Terroranschlag von Pahalgam mit 26 Todesopfern. Er betonte zugleich, dass Deutschland Verständnis für Indiens Haltung und Sicherheitsinteressen zeige, auch wenn Berlin offiziell keine Unterstützung für die Operation erklärte.

Trotz der freundschaftlichen Atmosphäre des Treffens bleiben Herausforderungen. Ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien steht noch aus – hier könnten unterschiedliche Auffassungen zu Arbeitsstandards, Marktzugang und Datenschutz den Fortschritt bremsen. Auch die sicherheitspolitische Partnerschaft muss in einer zunehmend multipolaren Welt konkretisiert werden: Während Deutschland strategische Zurückhaltung pflegt, verfolgt Indien eine zunehmend selbstbewusste, auch militärisch unterfütterte Außenpolitik. Differenzen in der Bewertung internationaler Konflikte, etwa im Nahen Osten oder im Umgang mit China, könnten künftig eine belastbare Abstimmung erfordern.

Nicht zuletzt steht die Partnerschaft auch im Zeichen globaler Transformation: Migration, Klimaschutz und Digitalisierung eröffnen Chancen, bergen aber auch Zielkonflikte – etwa zwischen ökologischer Verantwortung und industrieller Wachstumslogik. Beide Staaten müssen hier über ihre wirtschaftlichen Interessen hinaus gemeinsame ethische und strategische Leitlinien entwickeln.

Der Besuch Jaishankars hat gezeigt: Deutschland und Indien sind bereit, ihre Beziehungen auf eine neue Ebene zu heben. Doch in einer Welt im Umbruch wird strategische Partnerschaft nicht nur an Absichtserklärungen gemessen, sondern an der Fähigkeit, auch bei unterschiedlichen Interessen dauerhaft gemeinsame Antworten zu finden.

Quellen:

Foto: (c) World Economic Forum

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