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„Chidiya“ – Ein Film über kleine Träume mit großer Wirkung

Chidiya - Official Trailer | Vinay Pathak | Amruta Subhash | Mehran Amrohi | May 30, 2025

Mir wurde vorgeworfen, ich schriebe zu wenige positive Filmkritiken. Doch manchmal braucht es eben fast zehn Jahre, bis ein Film das Licht der Leinwand erblickt, und das ist im indischen Kino keine Seltenheit. Dass sich das Warten aber tatsächlich lohnt, ist selten. Chidiya, geschrieben und inszeniert von Mehran Amrohi, gehört genau zu diesen raren Glücksfällen. Gedreht 2015, veröffentlicht 2025 – und doch wirkt er kein bisschen veraltet. Im Gegenteil: Seine Themen sind heute dringlicher denn je…

Im Mittelpunkt stehen die Brüder Shanu und Bua, zwei aufgeweckte Jungs, die mit ihrer Mutter Vaishnavi in einem überfüllten Chawl in Mumbai leben. Der Vater ist tot, die Mutter schuftet, wo sie kann – sei es beim „Fall und Pico“ an Saris oder durch das Verleihen der alten Rikscha. Unterstützung kommt vom Schwager Bali, einem Spotboy mit großem Herz, aber kleinem Geldbeutel. Als Vaishnavi ihn überredet, ihre Söhne als Helfer mit an Filmsets zu nehmen, beginnt für die Kinder eine neue Welt – zwischen Lichtstativen und Requisiteuren, Glanz und Schatten.

Doch der wahre Zauber beginnt, als Schauspieler Shreyas Talpade (in einem charmanten Gastauftritt als er selbst) Shanu einen Federball schenkt. Plötzlich erwacht ein Traum: Badminton spielen – obwohl sie weder Netz, Platz noch vernünftige Schläger besitzen. Mit kindlicher Fantasie und Nachbarschaftshilfe bauen sie sich ihren eigenen Court: ein Netz vom lokalen Schneider, Schläger aus der Sparbüchse, und ein großer Wille, es zu schaffen. Doch wie das Leben so spielt, steht ihnen mehr im Weg als nur materielle Armut. Ihre Zeit gehört der Arbeit. Ihre Träume scheinen zweitrangig.

Chidiya erzählt von diesen leisen Kämpfen mit unglaublicher Zärtlichkeit und realistischer Tiefe. Die Dialoge wirken, als seien sie direkt einem Gespräch am Küchentisch entnommen. Besonders bewegend ist die Dynamik zwischen den Brüdern – der ältere Shanu still und verständig, der jüngere Bua ein neugieriger Wirbelwind, der mit entwaffnender Naivität über Leben, Tod und Geburt sinniert. Es sind genau diese kleinen Momente, in denen der Film zu glänzen beginnt.

Amrohi lässt sich Zeit, ohne sich zu verzetteln. Er zeigt, wie aus einer geschenkten Feder ein Traum entsteht – und wie schwer es ist, in einer Welt voller Pflichten Kind zu sein. Auch die Erwachsenenfiguren sind kein bloßer Hintergrund. Vaishnavi, gespielt von Amruta Subhash, trägt die Last ihrer Realität mit Würde und Pragmatismus. Vinay Pathak als Bali balanciert Witz und Tragik meisterhaft – seine Geschichten vom „Bachchan Saab“ wechseln sich ab mit bitteren Wahrheiten über das Dasein von Tagelöhnern.

Chidiya ist ein Film, der still beginnt, aber lange nachwirkt. Er zeigt, wie tief Armut greift, ohne in Mitleid zu ertrinken. Wie wichtig Träume sind, gerade wenn sie klein wirken. Und wie viel Kraft in kindlicher Hoffnung steckt. Kein Lärm, kein Pathos – nur echte Menschen, echte Sehnsüchte. Echtes Kino.

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