Website-Icon theinder.net

Wahlen: In Bihar wächst die Unzufriedenheit

Bihar gilt seit Jahrzehnten als einer der ärmsten Bundesstaaten Indiens. Nun wird die Region erneut zu einem Prüfstein für die politische Stimmung im Land. In den Bezirken Arrah, Chhapra, Gopalganj und Siwan, im Westen des Bundesstaats, äußern sich die Menschen ungewöhnlich offen über Korruption, Arbeitslosigkeit, Preissteigerungen und die anhaltende Abwanderung.

Die Gespräche am Straßenrand, in Teestuben und an Marktständen folgen einem Muster: Die Enttäuschung über die Regierung von Ministerpräsident Nitish Kumar und Premierminister Narendra Modi ist tief. „Die Armen, die Bauern und die Arbeiter sterben, und niemand kümmert sich um sie“, sagt ein Mann in einem Dorf bei Chhapra. Viele beklagen, dass von den wirtschaftlichen Erfolgsversprechen der vergangenen Jahre wenig angekommen sei.

Mit dem Niedergang der einst zahlreichen Zuckerfabriken, etwa in Mirganj und Sasamusa, ist eine ganze Wirtschaftsstruktur zusammengebrochen. Arbeitsplätze sind verschwunden, Zuckerrohr wird kaum noch angebaut, viele junge Männer verdienen ihr Geld heute in den Golfstaaten. Die Rücküberweisungen aus Dubai oder Abu Dhabi sichern in vielen Dörfern das Überleben der Familien.

Auch der Frust über die hohen Lebenshaltungskosten ist groß. Der Preis für Flüssiggas hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt, Diesel und Mehl sind teurer als je zuvor. „Früher trugen sie Gasflaschen auf den Schultern und schrien gegen die Inflation, heute schweigen sie“, sagt ein Mann über die Regierungspartei BJP.

Hinzu kommt die weitverbreitete Wahrnehmung, dass Korruption und Klientelismus den Alltag bestimmen. Wer eine Stelle im öffentlichen Dienst wolle, müsse Bestechungsgelder zahlen, berichten viele. In den Behörden gehe nichts ohne Zuwendung, und selbst kleine Anliegen blieben oft ungehört.

Kritik richtet sich auch gegen das Alkoholverbot, das Nitish Kumar vor Jahren verhängte. Offiziell gilt die Prohibition als Erfolg, in der Praxis aber wird sie weithin umgangen. Alkohol werde nun illegal gehandelt, die Steuerausfälle würden durch höhere Abgaben für die Bürger kompensiert. Viele machen das Verbot zudem für den zunehmenden Konsum anderer Drogen unter Jugendlichen verantwortlich.

Die Opposition um Tejashwi Yadav von der Rashtriya Janata Dal (RJD) profitiert von der wachsenden Unzufriedenheit. Sein Versprechen, Arbeitsplätze zu schaffen, findet Anklang, vor allem unter jungen Wählern. In vielen Gesprächen heißt es, die Regierung müsse „wie in Kerala oder Rajasthan“ regelmäßig abgelöst werden, um Verantwortung einzufordern.

Bihar, traditionell ein politisches Barometer des Nordens, könnte damit auch zum Gradmesser für die Stimmung im ganzen Land werden. Die Themen, die hier dominieren – Inflation, Arbeitslosigkeit, Korruption und soziale Ungleichheit – sind längst keine regionalen Probleme mehr. Wie sich die Menschen in Bihar entscheiden, wird also ein Indikator für die wirkliche Unzufriedenheit mit ihrer Regierung sein.

Die mobile Version verlassen