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„Indien von Innen 2“ von Rainer Thielmann

Mit einem Zauber der Sinne und der Klarheit des Blicks: Den Namen Rainer Thielmann mögen Nicht-Kenner bisher primär mit Musik – etwa in Verbindung mit Udo Jürgens oder der Popformation „Sonderglück“ – assoziiert haben. Sein neues Buch mag äußerlich zunächst an einen weiteren ästhetisch gefälligen Fotoband über Indien erinnern. Deren gibt es viele. Zu viele, um ehrlich zu sein. Doch „Indien von Innen 2“, 2025 im Reiselyrik-Verlag erschienen, entzieht sich dieser Erwartung mit bemerkenswerter Konsequenz!

Thielmanns Werk ist kein Reiseführer und keine Hochglanz-Hommage an Exotik. Es ist ein stilles, genau beobachtendes Porträt eines Landes, das sich nicht auf Postkartenmotive reduzieren lässt. Seine Fotografien zeigen nicht das inszenierte Indien, sondern das gelebte: Straßenszenen, Gesichter, Rituale, Momente der Kontemplation und der Bewegung. Auffällig ist dabei sein Blick für das Detail – für scheinbar Nebensächliches, das sich als Träger tiefer Bedeutung entpuppt.

Diese Bilder stehen jedoch nicht für sich allein. Thielmann verbindet sie mit selbst verfassten Gedichten, die wie mentale Resonanzräume wirken. Sie kommentieren nicht, sie erklären nicht – und gerade darin liegt ihre Stärke. Die Texte bewegen sich zwischen Melancholie und Freude, zwischen Trauer und staunendem Erkennen. Sie sind weniger Beschreibung als Einladung zur Innenschau. Das Buch folgt damit seinem eigenen Motto: „Zauber der Sinne – seliges Sein“.

Unübersehbar ist die geistige Nähe zur Vedanta-Philosophie, insbesondere zu Ramakrishna und Vivekananda, auf die Thielmann auch explizit verweist. Sein Anliegen ist ein humanistisches: aufmerksam zu machen auf das Verwobene allen Seins, auf die feinen, oft übersehenen Verbindungen zwischen Mensch, Natur, Geist und Kultur. Bild und Sprache arbeiten in diesem Buch zusammen, um dieses Verwobene zumindest ahnbar zu machen. Verstehen wird es sich letztlich nur durch eigene Erfahrung erschließen – eine persönliche Reise nach Indien bleibt, wie so oft, durch nichts zu ersetzen. Doch Thielmanns Buch kann ganz sicher ein Impuls zu einer solchen Reise sein.

Fast wäre zu kritisieren gewesen, dass dem Werk ein stärker faktisch-erklärender Rahmen fehlt. Doch am Ende überrascht ein sorgfältig gestaltetes Glossar, das zentrale Begriffe, Orte, Persönlichkeiten und typisch indische Phänomene knapp einordnet. Es verleiht dem Band eine zusätzliche, informative Ebene, ohne dessen poetischen Charakter zu stören.

So schließt sich der Kreis: „Indien von Innen 2“ ist weder bloß Bildband noch Gedichtsammlung, sondern eine eigenständige, künstlerisch-philosophische Annäherung an ein Land, das sich nie vollständig erschließen lässt. Ein rundum sehr gelungenes, erfrischendes und bisweilen inspirierendes Buch – obendrein in einem ansprechenden Layout. Und ja – vielleicht tatsächlich ein schönes Weihnachtsgeschenk?

Link: reiselyrik.de

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