theinder.net – Seit fast 25 Jahren das Indien-Portal für Deutschland – For almost 25 Years Germany's Premier NRI Portal – २० वर्षों से जर्मनी का प्रमुख भारत संबंधी वेबसाइट

Mi., 21. Mai, 2025
StartVermischtesBildung und WissenschaftMedizintourismus: Heilung zum halben Preis?

Medizintourismus: Heilung zum halben Preis?

(bc) Indien hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der führenden globalen Ziele im Bereich Medizintourismus entwickelt. Patienten aus aller Welt reisen dorthin, um medizinische Behandlungen in Anspruch zu nehmen, die nicht nur kostengünstiger, sondern auch qualitativ hochwertig und oft ohne lange Wartezeiten verfügbar sind. Der indische Medizintourismusmarkt hat sich dynamisch entwickelt: Laut aktuellen Daten wurden im Jahr 2024 etwa 7,3 Millionen ausländische Patienten in Indien behandelt. Der Marktwert wird auf rund 7,69 Milliarden US-Dollar geschätzt, mit einem prognostizierten Wachstum auf über 16 Milliarden US-Dollar bis 2030. Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von etwa 13 Prozent, was das zunehmende Vertrauen internationaler Patienten in das indische Gesundheitssystem widerspiegelt.

Ein zentraler Grund für Indiens Attraktivität ist das herausragende Preis-Leistungs-Verhältnis. Viele medizinische Eingriffe kosten dort zwischen 60 und 90 Prozent weniger als in westlichen Ländern. So kostet etwa eine Herz-Bypass-Operation in den USA rund 100.000 US-Dollar, in Indien hingegen nur etwa 7.000 bis 10.000 US-Dollar. Auch Knochenmarktransplantationen, orthopädische Operationen, Krebsbehandlungen und plastische Chirurgie werden in Indien zu einem Bruchteil der Preise angeboten, die in Europa oder Nordamerika üblich sind. Gleichzeitig erfolgt die Behandlung in hochmodernen Kliniken mit international anerkannten Ärzten, vielen davon mit Ausbildung oder Erfahrung in den USA, Großbritannien oder Deutschland.

Zusätzlich zur modernen Schulmedizin bietet Indien ein breites Spektrum traditioneller Heilmethoden wie Ayurveda, Yoga, Siddha und Naturopathie. Diese Therapien werden nicht nur zur Prävention, sondern auch zur Unterstützung der Genesung eingesetzt und erfreuen sich besonders bei Patienten aus Europa, Russland und Südostasien wachsender Beliebtheit. Diese einzigartige Verbindung von alter indischer Heilkunde und modernster Medizintechnik verschafft dem Land einen klaren Vorteil gegenüber anderen medizinischen Reisezielen wie Thailand, Malaysia oder der Türkei.

Die indische Regierung unterstützt diesen Wachstumsmarkt aktiv mit verschiedenen Initiativen. Das Programm „Heal in India“ etwa soll durch vereinfachte Visa-Verfahren, einheitliche Informationsportale und bessere Transparenz die Einreise und Behandlung für Patienten erleichtern. Medizinische Visa (M-Visa) und Attendant-Visa für Begleitpersonen wurden eingeführt, um Patienten den Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten. Darüber hinaus fördert die Regierung die internationale Akkreditierung von Kliniken, zum Beispiel durch das Joint Commission International (JCI) oder das National Accreditation Board for Hospitals (NABH).

Die Hauptquellmärkte für den Medizintourismus nach Indien sind Länder aus Westasien (22,7 Prozent), Afrika (21,2 Prozent) und Südasien (19,8 Prozent). Auch aus Russland, Zentralasien und zunehmend aus europäischen Ländern reisen Patienten an. Zu den am meisten gefragten Behandlungen zählen kardiovaskuläre Eingriffe, Onkologie, orthopädische Chirurgie, Fertilitätsbehandlungen, Zahnmedizin sowie ästhetische Operationen. Städte wie Chennai, Delhi, Mumbai, Hyderabad und Bangalore sind die wichtigsten medizinischen Knotenpunkte, wobei Chennai wegen seiner Vielzahl an spezialisierten Krankenhäusern und medizinischen Instituten als „Gesundheitshauptstadt Indiens“ gilt. Allein dort werden täglich rund 150 internationale Patienten behandelt.

Trotz der positiven Entwicklung steht der Sektor vor Herausforderungen. Der Markt ist noch weitgehend unreguliert, was Qualitätsunterschiede zwischen Einrichtungen zur Folge haben kann. Es gibt auch Berichte über nicht registrierte Vermittlungsagenturen, überhöhte Preise in privaten Kliniken oder unklare Behandlungsinformationen für Patienten. Um diese Probleme zu adressieren, fordern Experten strengere staatliche Kontrolle, verbindliche Qualitätsstandards und eine bessere Aufklärung internationaler Patienten vor ihrer Reise.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Indien im Bereich des Medizintourismus weltweit eine immer bedeutendere Rolle einnimmt. Die Kombination aus kostengünstigen und qualitativ hochwertigen Behandlungen, einer breiten Palette an medizinischen und traditionellen Therapieformen sowie politischer Unterstützung macht das Land zu einem der attraktivsten Gesundheitsstandorte weltweit. Mit weiterem Fokus auf Qualitätssicherung, Transparenz und internationaler Zusammenarbeit kann Indien seine Position in den kommenden Jahren noch weiter ausbauen.

Quellenangaben:

Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebte Artikel

Zuletzt Kommentiert

WP Twitter Auto Publish Powered By : XYZScripts.com