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Mi, 13. November, 2024
StartGeneration 2.0Jens Mannanal: "Vielfalt stärkt Innovation und Wettbewerb in Deutschland"

Jens Mannanal: „Vielfalt stärkt Innovation und Wettbewerb in Deutschland“

Kannst Du uns mehr über Deinen persönlichen Hintergrund erzählen?

Obwohl ich in der Schweiz geboren wurde, ist Köln für mich immer Heimat gewesen. Dort bin ich aufgewachsen und habe an der Liebfrauenschule Köln mein Abitur gemacht. Meine akademische Reise führte mich dann nach Mannheim für den Bachelor und weiter nach Paris an die HEC, wo ich im Rahmen meines Doppelmasters auch ein Jahr am IIM Ahmedabad in Indien verbrachte. Das IIM Ahmedabad gilt als die renommierteste Business School in Indien. Diese Zeit war prägend: Ich wurde von Bain & Co. rekrutiert und durfte insgesamt fast drei Jahre in Indien verbringen, bevor ich nach Berlin wechselte. Nach meiner Zeit in der Strategieberatung fand ich meinen Weg in die Tech-Szene. Eine Schlüsselrolle spielte dabei meine Zeit bei GetYourGuide, einem Unicorn, die mich auf die Gründung meines ersten eigenen Unternehmens, Passionfroot, vorbereitete.

Welche Herausforderungen hast Du auf Deinem Weg zum Gründer erlebt, sowohl beruflich als auch persönlich?

Der Weg zur Gründung war kein direkter, sondern vielmehr ein schrittweiser Prozess. Anfangs fehlte mir die finanzielle Freiheit, um sofort zu gründen. Doch dank eines Stipendiums der Deutschen Wirtschaft konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln. Durch meine Teilnahme an Wettbewerben und Initiativen wie dem „Herausforderung Unternehmertum 2014“ und der Gründung des HEC SEED Forums entwickelte sich mein unternehmerischer Geist weiter. Schließlich führte dieser Weg zur Mitgründung des Indo-German Young Leaders Forum und schließlich zu Passionfroot. Der Weg war nicht immer leicht, aber ich habe gelernt, dass es auf Ausdauer und den Mut ankommt, sich Schritt für Schritt zu entwickeln.

Was hat Dich motiviert, den Weg des Unternehmers einzuschlagen und ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Meine Dankbarkeit gegenüber dem deutschen Staat und der Gesellschaft war schon früh eine starke Triebfeder. Unternehmer sind die Innovatoren, die eine Gesellschaft gestalten und nach vorne bringen. In Deutschland erwirtschaften kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) rund 55 % des Bruttoinlandsprodukts und stellen etwa 60 % der Arbeitsplätze. Die Möglichkeit, meine Ideen umzusetzen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, motiviert mich jeden Tag.

Inwiefern hat Dein kultureller Hintergrund Deine berufliche Laufbahn beeinflusst?

Mein kultureller Hintergrund hat eine zentrale Rolle in meinem Leben gespielt. Als Sohn indischer Einwanderer habe ich von klein auf gelernt, Chancen zu erkennen und zu ergreifen. Migranten, das zeigt auch die Forschung, haben oft ein höheres Risikoprofil. Studien der KfW und DIW zeigen, dass Gründer mit Migrationshintergrund in Deutschland besonders innovationsfreudig sind und doppelt so häufig international agieren. Gleichzeitig habe ich in Köln ein starkes soziales Umfeld gefunden, das mir gezeigt hat, dass die Welt voller Möglichkeiten steckt.

Wie bist Du auf die Idee für passionfroot.me gekommen, und was ist das Hauptziel Deines Unternehmens?

2021 haben wir uns zusammengeschlossen, um eine Lösung für die wachsende Zahl neuer Unternehmer im Internet zu schaffen – insbesondere für jene auf sozialen Netzwerken. Allein auf Instagram gibt es laut Statista mehr als 500.000 aktive Creator weltweit. Die Idee für Passionfroot entstand durch monatelange Gespräche und Analysen mit Creatorn und anderen Stakeholdern in der Creator Economy. Unser Ziel ist es, für diese neue Gruppe von digitalen Unternehmern/ Creatorn ein umfassendes CRM- und Management-Tool zu bieten, das ihnen hilft, effizienter zu arbeiten und langfristig erfolgreich zu sein.

Kannst Du uns erklären, wie passionfroot.me funktioniert und welchen Mehrwert es bietet?

Passionfroot ist eine All-in-One-Plattform für Partnerschaften zwischen Creators und Marken. In einem 35 Milliarden Dollar großen Markt, der jährlich um 30 % wächst, ermöglicht unsere Plattform es Creatorn und Medienunternehmen, ihre Partnerschaften effizient zu verwalten – von Buchungen, Kalenderplanung, Zusammenarbeit bis hin zur Abwicklung von Zahlungen. Gleichzeitig bietet sie Go-to-Market-Teams bei führenden B2B- und Tech-Unternehmen die Möglichkeit, Creator-Marketing-Kampagnen in großem Umfang durchzuführen und zu skalieren.

Welche bisherigen Erfolge und Meilensteine hast Du mit Deinem Unternehmen bereits erreicht?

Zu Beginn des Jahres 2022 haben wir eine Pre-Seed-Runde mit Creandum und mehreren Angel-Investoren abgeschlossen und unser Team aufgebaut. 2023 haben wir unsere Plattform iterativ weiterentwickelt und konnten erfolgreich weiteres Kapital aufnehmen. Heute sind wir auf dem besten Weg, unser Unternehmen nachhaltig zu skalieren und die globale Nummer 1 im Markt für Creator-Management zu werden. Diese Reise hat nicht nur das Unternehmen gestärkt, sondern auch mich als Unternehmer weiterentwickelt und mir die Werkzeuge an die Hand gegeben, zukünftige Projekte noch ambitionierter anzugehen.

Indo-German Young Leaders Forum 2024, Berlin, Gruppenfoto, (c) IGYLF

Was hat Dich dazu bewogen, Dich im Indo-German Young Leaders Forum zu engagieren?

Während meiner Zeit in Ahmedabad lernte ich Max von Laer und Vishnu Ramdeo kennen, und wir merkten schnell, dass wir eine gemeinsame Vision teilen: eine Brücke zwischen Deutschland und Indien zu bauen. Mein Engagement begann mit der Organisation des ersten Events in der indischen Botschaft, das Bildung als Thema hatte. Diese Kombination aus meinem Hintergrund in Indien und meiner Erfahrung aus Deutschland passte perfekt. Von dort aus wuchs das Forum zu dem, was es heute ist.

Was sind die Hauptziele des Indo-German Young Leaders Forums, und welche Rolle spielt es in der Förderung der deutsch-indischen Beziehungen?

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Indien basieren auf gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Werten. Der bilaterale Handel zwischen Deutschland und Indien beträgt etwa 30 Milliarden Euro. Unser Ziel ist es, diese wichtige geopolitische Partnerschaft weiter zu stärken. Das Forum fördert den Dialog zwischen jungen Führungskräften beider Länder, um wichtige Themen informell zu diskutieren und ein dauerhaftes Netzwerk aufzubauen. Es geht darum, zukünftige Entscheidungsträger zu vernetzen und den Austausch lebendig zu halten.

An welchen aktuellen Projekten oder Initiativen arbeitet das Forum, und wie tragen diese zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien bei?

Unser Hauptprojekt ist die jährliche Konferenz, die wir seit 2017 abwechselnd in Indien und Deutschland durchführen. Diese Konferenzen sind ein zentraler Treffpunkt für den Austausch von Ideen und die Bildung von Netzwerken. Die Konferenzen haben über 400 Teilnehmer angezogen, darunter Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Die jüngste Konferenz 2023 fand in Bengaluru statt, und wir planen bereits die nächste Veranstaltung in New Delhi. Darüber hinaus haben wir mit Global Bridges einen starken Partner gefunden, mit dem wir weitere Projekte entwickeln, um die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern weiter zu intensivieren.

Welche Herausforderungen siehst Du bei der Arbeit des Forums, insbesondere im Kontext der deutsch-indischen Zusammenarbeit?

Die größte Herausforderung liegt in der öffentlichen Wahrnehmung Indiens in Deutschland. Leider haben wir in der Vergangenheit Chancen verpasst, indem wir den Zuzug von Fachkräften aus Indien einschränkten. Zwischen 2000 und 2010 wanderten über 1 Million Inder in die USA aus, was dazu führte, dass sie heute etwa 15 % der Belegschaft führender Tech-Unternehmen wie Google und Microsoft stellen. Heute erkennen wir die Bedeutung dieser verlorenen Chance. Umso wichtiger ist es, jetzt eine starke Brücke zwischen Deutschland und Indien zu bauen, um unseren Wohlstand zu sichern und gleichzeitig Indien auf seinem Weg zu unterstützen, eine der wichtigsten demokratischen Nationen zu werden.

Kannst Du uns einige Erfolge oder positive Entwicklungen nennen, die durch die Arbeit des Forums erreicht wurden?

Wir haben mit unseren Konferenzen eine Plattform geschaffen, die eine Vielzahl positiver Entwicklungen ermöglicht hat. Dazu gehören unter anderem gemeinsame Projekte wie die Implementierung von Atemweghilfen in Indien während der Corona-Krise, die Gründung neuer Unternehmen und die offizielle Nennung im gemeinsamen Joint Statement zwischen Deutschland und Indien. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir einen nachhaltigen Austausch zwischen jungen Führungskräften aus beiden Ländern geschaffen haben.

Welche Ziele und Visionen hast Du für die zukünftige Arbeit des Indo-German Young Leaders Forums?

Wir wollen den Austausch zwischen Indien und Deutschland weiter vertiefen und durch unsere Konferenzen und das stetig wachsende Netzwerk die besten Köpfe aus beiden Ländern zusammenbringen. Unser Ziel ist es, die kommenden Führungskräfte zu prägen und einen wertvollen Beitrag zu einer starken Partnerschaft zu leisten, die beide Länder weiter voranbringt.

Wie siehst Du die Bedingungen für Gründer und Start-ups in Deutschland, insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund?

Deutschland hat großes Potenzial, doch es fehlt oft die nötige Unterstützung für Unternehmer mit Migrationshintergrund. Rund ein Viertel der Unternehmensgründungen in Deutschland werden von Menschen mit Migrationshintergrund durchgeführt, doch nur ein Bruchteil davon erhält die notwendige staatliche oder Unterstützung durch namhafte Wagniskapitalgeber. Viele dieser Menschen bringen innovative Ideen und eine hohe Risikobereitschaft mit, was in anderen Ländern, wie den USA, als großes Kapital erkannt wird. Es ist wichtig, diese Talente zu fördern und ihnen die nötigen Ressourcen sowie ein unterstützendes Umfeld zu bieten. Ich glaube fest daran, dass eine vielfältigere Unternehmerlandschaft die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands enorm stärken kann.

Was würdest Du jungen Menschen – insbesondere solchen mit Migrationshintergrund – raten, die ein eigenes Unternehmen gründen oder eine ähnliche Laufbahn einschlagen möchten?

Je früher man anfängt, desto besser. Aber es ist auch wichtig, die eigene Entwicklung nicht zu überstürzen. Junge Gründer sollten ihre Stärken kennen und mutig genug sein, diese ohne Kompromisse einzusetzen. Für manche ist es sinnvoll, nach dem Studium direkt durchzustarten, um ihre 20er Jahre voll auszuschöpfen. Andere wiederum profitieren davon, zuerst Berufserfahrung zu sammeln, Selbstvertrauen aufzubauen und finanzielle Stabilität zu erlangen. Das Wichtigste ist, die eigenen Gedanken und Ambitionen konsequent in die Tat umzusetzen, um nicht ewig einem „Was wäre, wenn?“ hinterherzulaufen.

Wie siehst Du die Entwicklung der deutsch-indischen Beziehungen in den nächsten Jahren, und welche Rolle könnte das Forum dabei spielen?

Die jüngsten deutsch-indischen Regierungskonsultationen markieren den Beginn eines neuen Zeitalters. Mit den Wirtschaftsinitiativen der letzten Jahre, die insbesondere vom Wirtschaftsministerium unter den Grünen vorangetrieben wurden, ist eine solide Basis gelegt. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Indien könnte sich in den nächsten Jahren vervielfachen. Indien wird in unserer Lebenszeit zur wichtigsten Wirtschaftspartnerin Deutschlands werden. Das aktuelle Handelsvolumen liegt bei etwa 10% dessen, was Deutschland mit China hat – doch diese Dynamik wird sich in den kommenden Dekaden schnell ändern. Organisationen, die diese Entwicklung frühzeitig erkennen, werden nicht nur gut aufgestellt sein, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Gesundheit Deutschlands leisten.

Danke für das sehr aufschlussreiche Gespräch!

Foto: (c) J. Mannanal

    Bijon Chatterji
    Bijon Chatterji
    Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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