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So., 6. Juli, 2025
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Kommentar: Die gefährliche Rhetorik der Eskalation

(cg) Sven Hansen zeichnet in seinem taz-Kommentar zur aktuellen Eskalation zwischen Indien und Pakistan ein düsteres Bild der Lage am Subkontinent – und warnt mit Nachdruck vor der realen Gefahr eines Atomkriegs. Der Ton ist eindringlich, die Chronologie der Ereignisse klar strukturiert: Terroranschlag, Vergeltung, rhetorische Eskalation, militärische Reaktion – bis hin zur symbolisch schwerwiegenden Suspendierung des Indus-Wasservertrags. Hansens zentrale These, dass sich der jahrzehntelange „verwaltete Konflikt“ in eine unkontrollierbare Dynamik verwandeln könnte, ist zweifellos berechtigt. Und doch bleibt der Kommentar in Teilen unausgewogen und analytisch hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ein Kommentar zum Kommentar von Choti Gandhawa.

So fällt auf, dass Hansen die Verantwortung für die Eskalation vor allem auf indischer Seite verortet. Die indischen Luftschläge, der Bruch etablierter völkerrechtlicher Abkommen und die martialische Rhetorik aus Delhi stehen im Vordergrund – während Pakistans Rolle, insbesondere der fortgesetzte Vorwurf der Duldung oder gar Unterstützung grenzüberschreitender Terrorakte, lediglich als indische Behauptung benannt wird. Diese Einseitigkeit verwundert, zumal der historische Hintergrund des Kaschmirkonflikts – die offene Frage nach dem Status der Region, die UN-Resolutionen, die Rolle extremistischer Gruppen – nur am Rande gestreift wird. Auch der innenpolitische Nutzen nationalistischer Narrative in beiden Ländern, ein zentraler Antrieb für Eskalation, bleibt unerwähnt.

Besonders irritierend ist Hansens Formulierung, es sei eine „besondere Ironie“, dass ausgerechnet der Iran einen Vermittlungsversuch starte. Diese Bemerkung bleibt vage und wirkt wie eine polemische Volte, der es an Substanz fehlt. Ist der Iran als Akteur in der Region per se unglaubwürdig? Oder wird hier eine geopolitische Parteinahme unterstellt? Der Kommentar beantwortet diese Frage nicht – und hinterlässt den Eindruck unklarer Argumentation an einem entscheidenden Punkt.

Stärken zeigt Hansen hingegen in der präzisen Analyse der internationalen Rahmenbedingungen. Dass die USA ihre einstige Rolle als Schiedsrichter eingebüßt haben – nicht zuletzt durch die demonstrative Nähe der Trump-Regierung zu Premier Modi und das nachlassende Interesse an Pakistan – ist ein berechtigter Befund. Auch der Hinweis auf Chinas wachsenden Einfluss auf Islamabad und die damit verbundene emotionale Ablehnung in Delhi ist ein wichtiger Aspekt der regionalen Machtdynamik. Die Darstellung der Eskalationslogik – dass sich beide Seiten in einem Spiel aus Härte, Vergeltung und nationalem Gesicht nicht ohne Gesichtsverlust zurückziehen können – trifft den Kern der aktuellen Krise mit beklemmender Genauigkeit.

Hansens Kommentar ist somit ein ernst zu nehmender, journalistisch solider Beitrag zur Lage am Subkontinent – dessen einseitige Perspektive auf indische Verantwortung jedoch Fragen aufwirft. Wer ein differenziertes Bild des Konflikts zeichnen will, sollte beide Seiten gleichermaßen kritisch in den Blick nehmen und nicht zuletzt auch die strukturellen Ursachen des Dauerstreits benennen. Nur so lässt sich verhindern, dass die Analyse selbst zu einem Teil jener eskalierenden Rhetorik wird, vor der sie mit Nachdruck warnt.

Quelle: https://taz.de/Konflikt-zwischen-Indien-und-Pakistan/!6083268/

Foto: (c) Global Panorama

Choti Gandhawa
Choti Gandhawa
Choti Gandhawa ist Student der Kommunikationswissenschaften und seit 2021 als freier Redakteur für theinder.net tätig. Seine Schwerpunkte sind aktuelle Tages- und Wirtschaftspolitik sowie Postkolonialismus.

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