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Di, 19. März, 2024
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Mehr als nur eine Hauptstadt: Delhi

Lotustempel in Neu Delhi.
Foto: (c) M. Görtler

Von Patrick Frölicher. Wie heißt es denn nun richtig: Delhi oder Neu-Delhi? Das wird man immer wieder gefragt, wenn man erzählt, dass man in der indischen Hauptstadt lebt. Die Antwort ist einfach: beides stimmt. Allerdings ist „Delhi“ die offizielle Bezeichnung für den Bundesstaat, während die Stadt selbst Neu-Delhi heißt. Da es etliche Städtenamen doppelt gibt, ist es in Indien übliche, eine Adresse mit dem Namen der Stadt und des Bundesstaates anzugeben. Was sich bei der Hauptstadt natürlich erübrigt.

Bei ausländischen Touristen hat die indische Hauptstadt keinen guten Ruf, und das liegt nicht zuletzt an den örtlichen Taxifahrern. Deren Angewohnheit, den „Firangis“ möglichst gleich nach der Ankunft am internationalen Flughafen „Indira Gandhi Airport“ mit den abenteuerlichsten Geschichten von Ausschreitungen und abgebrannten Hotels möglichst große Mengen Bargeld aus den vermeintlich prall gefüllten Taschen zu ziehen, hat Neu-Delhi nicht ganz zu Unrecht den Ruf einer „Touristenfalle“ eingebracht.

Allerdings betrifft der Ärger mit abzockenden Taxi- und Rikshafahrern nicht nur ausländische Besucher, sondern ebenso alle Einheimischen, die auf diese Transportmittel angewiesen sind. Anders als viele Ausländer meist vermuten, werden nämlich auch Inder mit den oft unverschämten Preisforderungen der Fahrer konfrontiert. Allerdings ist inzwischen auch den Behörden dieses Problem bewusst, und deshalb wird seit kurzem versucht, mittels Schulungen und Appellen an die nationale Ehre die Fahrer zum Umdenken zu bewegen.

Neben den oft langen Diskussionen, die in der Regel einer Fahrt in der Riksha oder im Taxi voraus gehen, gibt es noch einen weiteren Punkt, der für Delhis schlechtes Image verantwortlich ist, und das ist die schlechte Situation hinsichtlich der Unterbringung. Als Besucher hat man nur die Wahl zwischen den oft Kakerlaken-verseuchten Billig-Absteigen in Pahar Ganj, dem Viertel gleich gegenüber der New Delhi Railway Station, und den Fünf-Sterne-Luxus-Hotels nahe des Regierungsviertels. Es herrscht nämlich leider ein riesiger Mangel an Mittelklasse-Hotels. Die beste Alternative sind private Gasthäuser in den besseren Vierteln der Stadt, aber auch die sind relativ teuer, und zudem in der Hauptsaison meist völlig ausgebucht.

Neu-Delhi, das der Einfachheit halber meist schlicht Delhi genannt wird, gilt vielen Indern als langweilige Beamtenstadt. Das liegt natürlich daran, dass sich hier nicht nur die Regierungsangestellten der indischen Zentralregierung und des Bundesstaates Delhi leben und arbeiten, sondern auch noch zahlreiche Gesandte sowie die Gouverneure der einzelnen Bundesstaaten.

Wer sich von Transport- und Übernachtungsproblemen sowie dem Image Delhis als Beamtenschlafstadt aber nicht abschrecken lässt, für den gibt es in der Metropole einiges zu entdecken. Für Fans historischer Ruinen ist die Stadt geradezu ein Paradies, das an praktisch jeder Ecke etwas bietet. Sieben Städte, so sagt die Legende, haben an der Stelle des heutigen Delhis zuvor bestanden, die heutige 16-Millionen-Stadt ist demnach die Achte. Netterweise haben Generationen von Baumeistern sich großzügig des vorhandenen Raumes bedient und ihre verschiedenen Städte nicht übereinander, sondern nebeneinander errichtet. So findet man heute die verschiedenen Entwicklungsphasen schön über das heutige Stadtgebiet Delhis verstreut.

Jeder, der an dieser Stelle eine Stadt baue, so besagt die Legende weiter, sei dazu verdammt, diese alsbald auch wieder zu verlieren. Zuletzt widerfuhr diese Schicksal 1947 den britischen Kolonialherren. Gut dreißig Jahre hatten sie an der neuen Hauptstadt der Kronkolonie Britisch-Indien gebaut, die erst im Jahr 1911 von Kalkutta nach Delhi verlegt worden war. Aber kaum waren die Bauarbeiten endlich abgeschlossen, da zogen die Erbauer ab, und nicht wenige sehen in dem gigantomanen Regierungsviertel, das heute die indische Bundesregierung beheimatet, das größte Freiluft-Mausoleum des britischen Empire (oder: Raj). Mit seinen breiten Alleen und zahlreichen Kreisverkehren, der breiten Prachtstraße Rajpath („Straße des Königs“), die zu Kolonialzeiten ausschließlich dem britischen Vizekönig vorbehalten war, dem Triumphbogen India Gate und natürlich dem imposanten Präsidentenpalast, ist das eigentliche Neu-Delhi bis heute ein echtes Highlight für Touristen.

Aber auch die anderen, mehr oder weniger gut erhaltenen Denkmäler zeugen von der wechselhaften Geschichte der Stadt, von der ältesten islamischen Gründung, Tughlaqabad, über die islamische Siegessäule Qutab Minar bis hin zur jüngsten Neugründung vor der Errichtung der britischen Regierungsanlagen, des heutigen Old Delhi. Dieser Teil der Stadt hieß ursprünglich nach seinem Begründer „Shahjehanabad“. Shah Jehan war nicht nur der Erbauer Old Delhis mit seiner riesigen Freitagsmoschee („Jama Masjid“) und dem heute leider nur noch von außen imposanten Roten Fort („Lal Qila“), sondern auch des Taj Mahal in Agra. Aus dem 17. Jahrhundert stammt „Alt-Delhi“, und damit ist sein Name einigermaßen irreführend, denn eine ganze Reihe anderer Ortsteile des heutigen Delhi sind deutlich älter. Etwa der alte Pilgerort Nizamuddin, der aus dem 13. Jahrhundert stammt, und um den die indische Hauptstadt im Laufe des 20. Jahrhunderts einfach herum gewachsen ist. Dennoch ist der nach wie vor überwiegend von Moslems bewohnte ursprüngliche Ortsteil immer noch klar zu erkennen, die engen, verwinkelten Gassen Nizamuddins unterscheiden sich deutlich von den gut befahrbaren Straßen der beiden neuen Wohnkolonien gleichen Namens, die erst in den 1960er Jahren entstanden. Zentrum Nizamuddins ist die Dargah (Grabanlage) von Hazrat Nizamuddin Auliya, einem Sufi-Heiligen, der an dieser Stelle sein asketisches Leben führte. Asketen wie Nizamuddin, zu deren Botschaften vor allem die Toleranz zwischen den verschiedenen Religionen des südasiatischen Subkontinents gehörte, war es vor allem zu verdanken, dass sich der Islam auch beim einfachen Volk als Religion etablieren konnte, kamen doch die ersten Moslems als Eroberer nach Indien. Lange Zeit blieb der Islam die Religion der Herrschenden, erst mit dem Aufkommen der Sufi-Bewegung seit dem 12. Jahrhundert änderte sich dies. Heute ist Indien rein zahlenmäßig das Land mit der zweitgrößten moslemischen Bevölkerung weltweit.

Zwei der zahlreichen Denkmäler Delhis sind von der UNESCO auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt worden. Dies ist zum Einen das imposante, aus rotem Sandstein und weißem Marmor erbaute Grabmal des 1556 verstorbenen zweiten Mogul-Herrschers Humayun, das gleich neben dem historischen Nizamuddin liegt. Das zweite Bauwerk auf der UNESCO-Liste ist die bereits erwähnte Siegessäule Qutab Minar, die ebenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft einer alten moslemischen Siedlung liegt, dem ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert stammenden Mehrauli. Dieses wiederum liegt direkt neben der aus dem achten Jahrhundert stammenden Festungsruine Lal Qot, die vom Hindu-Herrscher Anangpal erbaut und später, Ende des 12. Jahrhunderts vom afghanischen Eroberer Mohammed Ghori zerstört wurde. Ghoris Statthalter in Delhi, Qutab-ud-din Aybak, der erste moslemische Herrscher in Delhi, ließ den über 70 Meter hohen Turm als Siegessymbol erbauen.

Abgesehen von den zahlreichen islamischen Denkmälern bietet Delhi für Anhänger praktisch jeder großen Religion des südasiatischen Subkontinents wichtige Baudenkmäler: Hindus pilgern zum Lakshminarayan-Tempel, der auch als Birla-Tempel bekannt ist, weil seine Unterhaltung seit 1938 von der gleichnamigen Industriellenfamilie finanziert wird. Sikhs finden etliche wichtige Tempel wie den Sis Ganj Gurudwara auf der Chandni Chowk in Old Delhi. Er ist an der Stelle erbaut, an der Mogul-Herrscher Aurangzeb 1675 den neunten Sikh-Guru Tegh Bahadur enthaupten ließ. Der größte aller Sikh-Tempel in Delhi ist der Gurudwara Bangla Sahib, in unmittelbarer Nähe des Connaught Place, der dank seines goldenen Kuppeldachs leicht zu erkennen ist.

Das neueste religiöse Highlight ist zweifellos der Akshardham Tempel, einer Art hinduistischer Themenpark, der von einer Hindu-Sekte aus Gujarat bzw. deren reichen Anhängern im Ausland erbaut und im Herbst 2005 vom indischen Staatspräsidenten Abdul Kalam und Premierminister Manmohan Singh persönlich eröffnet wurde. Zu den Höhepunkten der Tempeltour gehört eine zehnminütige Bootsfahrt, die den Besuchern das 10.000 Jahre alte kulturelle Erbe Indiens näher bringen will.

Auch der Lodhi Garden, an der gleichnamigen Straße in Süd-Delhi gelegen, ist Teil des moslemischen Erbes Delhis. Der mehrere Hektar große angelegte Park beherbergt mehrere Grabmäler sowie eine alte Moschee aus der Zeit der Lodhi-Dynastie im frühen 16. Jahrhundert. Er ist aber nicht nur für Ruinen-Fans interessant, sondern auch für Vogelliebhaber: Zahlreiche, zum Teil auch seltene Vogelarten sind immer wieder, je nach Jahreszeit wechselnd, hier zu finden. Und die vielen schattigen Platze hinter Büschen und Bäumen dienen vor allem jungen Liebespaaren als diskreter Treffpunkt.

Kultur

Delhi ist auch eines der kulturellen Zentren des Landes. Das war schon zu Mogulzeiten so, als Paläste und Fürstenhäuser Künstlern und Musikern als Bühnen und Ausstellungsorte dienten. Auch heute noch leben zahlreiche berühmte klassische Musiker in der Stadt, weil mit All India Radio das staatliche Radio – heute der größte Arbeitgeber für Musiker in Indien – hier seine Zentrale hat. Seit wenigen Jahren hat auch Ravi Shankar hier eine Schule, die freilich nur für vom Meister persönlich handverlesene Schüler offen ist.

Etliche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens stammen aus Delhi, oder haben heute zumindest Wohnungen oder Häuser hier. So wurde z.B. der Bollywood-Star Shah Rukh Khan in der Hauptstadt geboren und lebte bis zum Beginn seiner Schauspielkarriere auch hier. Das gleiche gilt für seinen Schauspieler-Kollegen Saif Ali Khan. Dessen Vater, Mansoor Ali Khan Pataudi, der in den 80er Jahren Kapitän der indischen Cricket-Nationalmannschaft war, lebt bis heute in der indischen Hauptstadt. Und der unumstrittene Star des indischen Kinos „Big B“ Amitabh Bachchan besitzt bis heute ein Haus in Gulmohar Park, einer Wohnsiedlung in Süd-Delhi.

Auch die aus Assam stammende Autorin Arundhati Roy lebt und arbeitet in Neu-Delhi, ebenso der Journalist und Schriftsteller Khushwant Singh. Darüber hinaus verfügt Delhi über eine sehr große Auswahl an Kunstgalerien, und ist deshalb auch für an Malerei und bildender Kunst Interessierte eine erstklassige Adresse. Und auch die zahlreichen Museen, allen voran das „National Museum, sind immer einen Besuch wert.

Freizeitvergnügen

Shoppen, shoppen, shoppen – oder wahlweise auch: Einkaufen. So lässt sich die wichtigste Freizeitbeschäftigung, die Delhi für seine wachsende Mittel- und Oberschicht zu bieten hat, am treffendsten beschreiben. Ob traditionelle indische Stoffe und Kleider oder westliche Markenklamotten von Benetton, Levi’s und Co.: für Profi-Shopper ist Delhi ein echtes Paradies, und obendrein auch noch bezahlbar. Die erwähnten Marken gibt’s zu einem Bruchteil des deutschen Preises, schließlich lassen auch viele der bekannten Marken aus Europa ihre Waren in Indien nähen. Wer auf die Originale steht, der kommt am Connaught Place, dem South Extension Markt und den zahlreichen neuen Shopping Malls nicht vorbei. Wer’s mehr indisch-traditionell möchte, der sollte sich bei FabIndia in Greater Kailash am N-Block-Markt umschauen. Und eine Mischung aus beidem finden Interessierte auf den großen Märkten in Karol Bagh, Lajpat Nagar oder Sarojini Nagar.

Wer mehr Wert auf indisches Kunsthandwerk legt, der sollte unbedingt beim Central Cottage Industries Emporium vorbeischauen, einer Regierungseinrichtung auf dem Janpath, ganz in der Nähe des Connaught Place. Auf mehreren Etagen findet man hier Handwerkserzeugnisse, aber auch Kleidung und Möbel aus allen Teilen des Landes. Auch der Open-Air-Markt „Dilli Haat“ mit seinen alle 14 Tage wechselnden Ausstellern ist immer einen Besuch wert.

Nachtleben

Denn was das Nachtleben angeht, kann Delhi nur schwerlich mit den beiden anderen indischen Metropolen, Mumbai und Bangalore, mithalten. Daran ist vor allem die strenge Gesetzgebung schuld, die es Bars und Discos verbietet, länger als bei ein Uhr nachts geöffnet zu bleiben. Außerdem ist per Gesetz der Ausschank von Alkohol an Personen unter 25 Jahren (!) verboten, was naturgemäß das Publikum für derartige Einrichtungen stark einschränkt. Den Partywütigen unter Delhis Einwohnern bleibt daher nur eins: Sie müssen in die unmittelbar benachbarten Trabantenstädte Noida (im Bundesstaat Uttar Pradesh) und Gurgaon (im Bundesstaat Haryana) ausweichen, wo die Gesetze deutlich liberaler sind. Sowohl in Noida als auch in Gurgaon sind Discos und Clubs am Wochenende praktisch die ganze Nacht über geöffnet. Während sich also in Delhi die Nachtschwärmer bestenfalls auf privaten Parties die Nacht um die Ohren schlagen können, haben ihre Kollegen in Gurgaon die Wahl zwischen mehreren Clubs, die fast alle in den streng nach US-amerikanischem Vorbild erbauten Shopping Malls untergebracht sind.

Für Freunde von Live-Musik gibt es jedoch einen Hoffnungsschimmer: In den letzten Jahren haben gleich mehrere Clubs eröffnet, die regelmäßig jungen Rockbands eine Auftrittsmöglichkeit bieten. Vor allem rund um den Connaught Place, das Büro- und Geschäftszentrum Neu-Delhis, finden Partyfreunde eine Reihe solcher Clubs, wie das DV8, die Q-Bar oder das Blues. Aber auch das Café Morrisson in der South Extension gehört hierzu.

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