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Sa, 12. Oktober, 2024
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Apache Indian: „Wir sitzen hier im Jahr 2001 und müssen immer noch über Rassismus diskutieren“

(Von Sherry Kizhukandayil und Jamiro Vanta) Apache Indian, der „Don Raja“, war der erste indische Musiker, der in den Charts großen Erfolg hatte (größter Hit „Boom Shaka Lak“) und sich weltweit Respekt und Anerkennung verdiente, besonders in Indien wurde ihm eine große Aufmerksamkeit zuteil. Nach langen Jahren in England lebt er nun in Indien und sorgt mit seinem neuen Album „Karma“ wieder für Furore. Jamiro Vanta und Sherry Kizhukandayil hatten im August diesen Jahres (2001) die große Ehre, ihn in Amsterdam live erleben und im Anschluss mit ihm ein Interview führen zu dürfen. Wir sprachen über ihn, seine Musik, Rassismus und seine Ansichten über das Leben.


Wie kamst du auf den Namen Apache Indian und was sind deine Haupteinflüsse und Inspirationen?

Inspiration ist das Leben! Wir kommen aus England und unsere Eltern sind in Indien (Punjab) geboren. In England wird die neueste Generation von vielen Dingen beeinflusst, wie z.B. Reggae, Rap, Pop, Musik, Mode und vielen anderen Sachen. Die Einflüsse stammen aber auch aus Indien direkt, wie „arrangierten Hochzeiten“, die schon immer zu unserer Kultur gehörten. Meine Musik repräsentiert meine Herkunft und ich vermische diese Einflüsse mit Reggae. Außerdem haben mich Menschen wie Bob Marley und UB40 (aus Birmingham) sehr geprägt. Dieser Musikstil „Reggae“ ist ein Element der Straßen – und ich vermische diese mit heimischen indischen Eindrücken, so wie ich sie zuhause mitbekommen habe, eigentlich ganz einfach! Neue Generation – neue Kultur, glaub mir!

Ich denke für ein ausländisches Kind in England ist es nicht sehr einfach in der Musikindustrie in England Fuß zu fassen. In der heutigen Zeit sind indische Eltern doch so: „Die Musik kann dein Hobby sein, aber zuerst solltest du einen guten Abschluss haben und danach noch einen guten Job.“ Was waren deine Gründe zu „toasten“ und wie war die Reaktion deiner Eltern vor und nach deinem Riesenerfolg?
Ich habe meinen Eltern nie erzählt was Musik ist. Das ist der Unterschied. Mein Lehrer ist auf mein musikalisches Talent aufmerksam geworden. Meine Musik reflektiert, was ich bin und ich habe großen Respekt vor meinen Eltern. Ich versuche ihnen die neue Generation näherzubringen. Ich komme aus Indien und man sollte die Menschen auf den Straßen nicht ignorieren, sondern respektieren.Wenn die meine Musik hören (wie gesagt Reggae mit indischen Elementen), dann sind diese stolz aus Indien zu kommen. Meine größten Unterstützer sind immer meine Eltern gewesen und ich danke ihnen dafür von ganzem Herzen.
Kannst du uns deine persönliche Meinung sagen, was die einzelnen Unterschiede deiner vier Alben waren und was sich an Apache Indian in den jeweiligen Jahren der Albumveröffentlichungen verändert hat?
Musik ist eine Reflexion, von dem wie wir leben und wie wir denken. Bei den ersten Alben waren es Reflexionen von meinen früheren Erlebnissen und Jahren. Beim ersten Album kannst du von deinem ganzen Leben erzählen, aber in der Musikindustrie bringst du normalerweise jährlich ein Album raus. Der Unterschied ist, dass ich am Anfang keine Erfahrung im Musikbiz hatte – jetzt bin ich schon seit 10 Jahren dabei, habe eine eigene Liveband und bin in der ganzen Welt unterwegs. Ich habe viel an wichtigen Erfahrungen gewinnen können. Natürlich bin auch älter geworden, kein Junge mehr, sondern habe Kind, Familie und alles was ich zum leben brauche. Mit den Jahren werden auch meine Musik und Beats reifer. Ich bin ein Schreiber, alles was ich singe, schreibe ich auf. Das neue Album „Karma“ ist ein wirklich spezielles Album. Es ist eine neue Bewegung, nicht einfach nur Musik.
Du machst schon so lange Reggaemusik. Hast du niemals daran gedacht, mal in eine andere Richtung zu gehen… vielleicht Rock/ Crossover wie das die Jungs von Asian Dub Foundation machen oder elektronisch angehauchte Sachen wie Drum’n’Bass?
Nein! Ich bin und bleibe ein Reggaemusiker. Es gibt keine Formel dafür. Diese Musikrichtung bestimmt mein Leben und wird immer mein Leben bestimmen. Ich kann’s nicht ändern. Ich vermische das ganze immer gerne mit indischen Elementen und so entstehen Songs wie „Arranged Marriage“. Ich experimentiere für mein Leben gern! Es ist ein Gefühl! Ja, Musik ist eine Gefühlssache! Ich werde mich daher niemals von Reggae entfernen.
Die Jungs von Asian Dub Foundation machen klasse Sachen und vermischen das auch sehr gut mit Bhangra und Hindivocals, doch ich mach das mit Reggae… ich liebe Reggae! (sollte jetzt deutlich geworden sein)
Es gibt große Unterschiede im jamaikanischen Musikbiz. Die Musikrichtungen „Reggae“ und „Dancehall“ haben jeder seinen eigenen Stil und Gefühl. Was denkst du darüber und was hörst du gerne davon?
Ich höre am meisten sehr alten Reggae und diese kommen auch in der heutigen Zeit auch wieder vor, wie Sizzla und viele andere begabte Leute. Ich ernte großen Respekt aus Jamaika und habe selber ebenso großen Respekt vor Jamaika. Dieser Musikstil gehört dort zum Alltag und hat große Musiker wie Bob Marley hervorgebracht. Es ist dort wie eine Religion! Ich habe mit vielen großen Künstlern aus der Szene zusammengearbeitet und versuche das ganze in meinen eigenen Stil einzufügen. und sie sehen das ich diese Musik in die ganze Welt verbreiten möchte. Die haben deshalb großen Respekt davor, weil ich sie nicht kopieren möchte, sondern meinen eigenen Stil kreiert habe. Ich mache das als Inder und nicht als Jamaikaner. Ich will nicht der neue Beenie Man sein. Probleme wirst du bekommen, wenn du anfängst jamaikanische Künstler zu kopieren. Außerdem würde ich niemals als Inder in Kingston auftreten und dort „Reggae“ machen, denn wie schon gesagt, das ist dort eine Religion und man muss dazu die Geschichte kennen. Ein schwarzer Mann oder einer, der die Sprache nicht versteht, kann nicht kommen und auf Hindi singen, aber wenn du es singst, dann respektieren dich alle und finden es gut. Wenn du Musik machst, dann machst du das für die ganze Welt und man sagt nicht „Das ist für Schwarze und das ist für Inder“, sondern es ist für die ganze Welt.
Heutzutage kennt man viele indische Musiker wie z.B. Talvin Singh, Badmarsh & Shri, Asian Dub Foundation usw.. Denkst du, dass du mit deinem frühen und unglaublichen Erfolg den Grundstein gelegt und sozusagen die Türen geöffnet hast?
Alles hilft, um in die Charts oder in die Zeitungen zu kommen. Die Medienwelt schaut immer, was so abgeht in der asiatischen Welt, aber jeder hat seine eigene Bewegung! Großen Respekt an Asian Dub Foundation! Respekt an die Asian Underground Szene! Respekt für Talvin Singh und Nitin Sawhney!
Meine Bewegung aber bleibt Reggae! Sie sind alle wahre Musiker. Nitin Sawhney ist ein Multitalent, denn er kann so viele Instrumente spielen (genauso wie mein Produzent). Wir sind alle Songschreiber und die Leute respektieren und fördern Livemusik! Es gibt aber leider zu viele Remixer. Alle sind DJ’s, Dj’s und nochmal DJ’s und Remixer, Remixer und nochmal Remixer. Sie nehmen alte und schöne Hindisongs und vermixen das! Wir haben großartige Künstler wie Lata Mangeshkar oder Asha Bhosle in Indien, doch deren Songs werden von diesen DJ’s geremixt! Es ist im Moment so schlimm! Was kann ein Remixer euch anbieten? Kann er für dich singen oder tanzen? Unterstützt lieber wahre Musik und Livemusik! Kein Scherz, ich finde, dass es wirklich eine erschreckende Entwicklung genommen hat.

Würdest du gerne mit anderen asiatischen Künstlern aus England zusammenarbeiten?

Ich würde sehr gerne mit Nitin Sawhney arbeiten. Er ist ein wirklich ein sehr netter Künstler. Du musst wissen, es ist wichtig, dass die Leute nett sein sollten und ohne Starallüren. Ich habe schon mit Künstlern wie Asha Bhosle oder A.R. Rahman zusammengearbeitet und, aber hallo: beide sind total nett!

Du hast auch ein paar Songs für die indische Filmwelt gemacht. Was denkst du über die indische Filmwelt, sprich Bollywood? Schaust du dir privat auch solche Filme an?

Ich persönlich schaue mir keine Bollywoodfilme an, auch wenn Bollywood eine große Szene in Indien ist. Es ist sicherlich schön sich die Witze und Dialoge anzuschauen und auf einen gewisse Weise ein Teil davon zu sein. Aber die Menschen sollten verstehen, das Indien nicht nur durch Bollywood repräsentiert wird. Wir haben viele Probleme in Indien. Verstehst Du, wenn du am Mumbaier Flughafen ankommst, dann siehst du nicht Bollywood. Die Filmwelt ist sicherlich schön, so unecht und doch mit viel Liebe. Ich habe mit Menschen auf der Straße gesprochen und die sagen immer, das sie nach der Arbeit am liebsten ins Kino gehen. Sie möchten für 2-3 Stunden in diese Traumwelt eintauchen und kommen nach diesen Lovestorys oder Actionfilmen wieder zurück in die Realität. Für die Menschen in Indien ist das sehr wichtig, doch für uns ist das nichts, einfach nur Unterhaltung. Trotz allem: die Bollywoodszene ist sehr schön und ich bin froh ein Teil davon zu sein, denn dadurch habe ich viel an Erfahrungen sammeln können.

Gibt’s in Indien an sich eine Reggae/ Dancehall-Szene? Falls es eine gibt, wie schaut sie denn aus?

Wir haben in Indien keine Szene. Die Leute haben MTV und Musik aus der westlichen Welt. Sie haben alles was wir auch im Fernsehen sehen. Ich habe sehr viele Fans mit Unterstützung aus Indien, Pakistan, Dubai, Singapur und aus den anderen asiatischen Ländern. Die Menschen lieben den Reggae Vibe. Außerdem waren schon Künstler wie Shaggy, Inner Circle oder UB-40 dort und gaben Konzerte. Mein Eindruck ist, dass die Inder am meisten Rockmusik lieben. Der Künstler Bryan Adams war auch schon dort. Klar, sie kennen auch lange Jahre Reggaemusik.

Du bist nun schon sehr lange im Musikgeschäft. Was waren deine positiven und negativen Einflüsse mit dem Musikbiz und was kannst du den jungen Künstlern raten?

Ich kann den jungen Leuten nur die Wahrheit sagen. Ich bin kein Geschäftsmann und habe keinen Respekt vor dem Musikgeschäft und dieser Industrie. Ich habe nur Respekt vor der Musik und den Musikern selbst. Denn DAS ist Musik! Es sind aber auch zu viele Menschen in der Szene, wie Agenten oder Manager, die nur Geld machen wollen und keinen wirklichen Draht zur Musik haben. Du musst die Musik glaubhaft halten und dir selber treu bleiben. Dann bist du auch erfolgreich! Ich mag die Musikindustrie überhaupt nicht! Nee, dieses Ding ist nicht gut…

Bist du eigentlich „arranged married“? Wie denkst du über sowas oder über wahre Liebe?

Nein bin ich nicht. „Arranged married“ arbeitet für viele Menschen. Der richtige Weg ist deinen Lebenspartner selber zu finden. Ich habe meine jetzige Frau in der Schule kennengelernt und liebe sie sehr!

Was denkst du über die derzeitigen wieder begonnenen Rassenkonflikte in England?

Schlimm! Rassismus ist wirklich eine schreckliche Sache. In England hat es viele Probleme in den Bereichen wie Wirtschaft, in den Schulen und Rassenunruhen verursacht. Aber vergessen wir das mal. Woher kommt dieser Rassismus? Die weißen Leute wollen unbedingt das sowas in den Zeitungen vorkommt, denn nun wird über sowas geredet, wie schlimm doch die Asiaten sind und zeigen Bilder mit werfenden Steinen. Danach ist es wieder ruhig und man ignoriert das. Aber wir sitzen hier im Jahre 2001 und müssen immer noch über Rassismus diskutieren. Das ist doch echt zum schämen. Es ist eine ernste Angelegenheit und mich selber macht diese Sache sehr traurig, denn ich habe Kinder, die diesen Alltag erleben müssen! Die haben ihr System aufgebaut und wir sind machtlos gewesen! Am liebsten würde ich rausgehen aus diesem Land. Unsere Eltern sind in Länder wie Amerika, England und Deutschland gekommen und wollten dort arbeiten.Die Kinder von denen sind in diesen Ländern dann geboren und leben wie die anderen, doch trotzdem werden sie immer als Ausländer angesehen.

Doch in den letzten Monaten wehrt sich die neue Generation gegen diese Ungerechtigkeiten. Wenn du in England lebst, dann wirst du als Ausländer gesehen und auch in Indien bist du sozusagen ein Ausländer. Ich bin wirklich kein Fan von diesem England und diese Sache ist einfach grauenhaft. Mann, tut mir leid, dass ich soviel rede, doch dieses Thema berührt mich sehr!

Was machst du in deiner Freizeit?

Ich verbringe sehr viel Zeit mit meiner Familie, wenn ich zu Hause bin, doch ich bin viel unterwegs. Komme gerade von einem vierwöchigen Indientrip. Nächste Woche nach Australien und danach nach Singapur, dann habe ich wieder etwas Zeit für meine Familie, bis ich dann wieder nach Indien muss.

Bist du gläubig?

Wir haben eine Religion – wir respektieren viele Religionen, aber wir folgen keiner! Ihr müsst euch das Album anhören.

Machst du Sport?

Ich mag Basketball, aber am liebsten liebe ich Fußball. Sport ist wichtig und ich würde gerne als Sportlehrer arbeiten.

Hast du jemals deutsche Musik gehört?

Noch nie. Wenn es um Deutschland ging, habe ich nur von Hitler gehört. Nicht falsch verstehen, aber in England haben wir in der Schule nur über Hitler in bezug auf Deutschland gelernt. Soviel zur Bildungslücke in Sachen Deutschland. Ich erinnere mich einmal in Deutschland gewesen zu sein und kein Taxi bekommen zu haben, (lacht) das war in Düsseldorf! Wir haben vor zwei Jahren in Köln auf der „Summer Jam“ gespielt. Die Reggae-Szene ist in Deutschland sehr groß!

Wie wichtig ist für dich das Internet? Benutzt du es oft?

Wir haben die Website www.karmasound.com. Das ist unsere Basis, doch ich bin nicht so fit mit Computer und Internet, dafür haben wir ein spezielles Team. Dieses Medium ist sicherlich sehr gut, doch bringt auch einige Gefahren mit sich mit.

Was würdest du noch gerne der Community in Deutschland sagen?

Großen Respekt nach Deutschland und ich warte auf eine Einladung von euch, um dort wieder mal zu spielen! Ich liebe euch alle!

Apache, ich danke Dir für dieses interessante Gespräch.

Sherry Kizhukandayil
Sherry Kizhukandayil
Sherry Kizhukandayil, Jg. 1980, ist ehemaliger Redakteur von theinder.net. Als Netzreporter baute er dort die Rubrik Unterhaltung mit Schwerpunkt Bollywood auf. Später machte er sich dann mit seinem Projekt Ambassador Network 2001-2014 und als DJ Keralaboy selbständig. Sherry war von 2011-2016 Chefredakteur des Printmagazins India! und ist heute Geschäftsführer der za:Media GmbH.

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