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Mi, 4. Dezember, 2024
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Nehru – ein steiniger Weg zur Geburt einer Republik

Von Gesa Claussen. Jawaharlal Nehru, auch Pandit Nehru, war ein Freiheitskämpfer. Sein Leben wurde geprägt durch sein leidenschaftliches Engagement für die Unabhängigkeit Indiens. Ohne ihn schien ein freies Indien lange Zeit nicht vorstellbar. Dennoch konnte sein Bekanntheitsgrad nie den Mahatma Gandhis erreichen, denn bis heute fällt auf die Frage nach einer Person, die im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitskampf in Indien steht, meistens der Name Gandhis. Anlass genug, um dem Leben Nehrus gesondert Aufmerksamkeit zu schenken.

Jawaharlal Nehrus Leben begann als Sohn einer wohlhabenden Brahmanenfamilie am 14. November 1889 in Kaschmir. Bereits mit fünfzehn Jahren besuchte er eine Eliteschule in England und blieb anschließend für ein Jurastudium dort. Während dieser Zeit litt Nehru sehr unter der Trennung von seiner Heimat und Familie. Über einen regen Briefkontakt mit seinem Vater blieb er jedoch während der gesamten Zeit über die aktuelle politische Situation in Indien informiert. Nach Abschluss seines Studiums kehrte Nehru 1912 nach Indien zurück und arbeitete dort als Anwalt. Schnell merkte er jedoch, dass ihn dieser Beruf nicht glücklich machte und so kündigte er, folgte seinem Vater in den indischen Nationalkongress und begann sich für die Unabhängigkeitsidee Mahatma Gandhis zu begeistern.
Nehru teilte mit seinem Vater die Überzeugung, dass die Briten Indien verlassen mussten. Eine Überzeugung, die durch das Massaker von Amritsar am 13. April 1919, bei dem innerhalb von 10 Minuten fast 400 friedlich demonstrierende Menschen ums Leben kamen, noch verstärkt wurde. Jawaharlal Nehru begann im Rahmen des zivilen Ungehorsams (Satyagraha), der 1920 von Gandhi in Gang gesetzt wurde, das gesamte Land zu bereisen und die Menschen zum Unabhängigkeitskampf zu ermutigen.
„Ich wurde ganz und gar von der Bewegung aufgesogen und eingefangen. Einer großen Zahl anderer Menschen erging es ebenso. Ich gab meine sämtlichen übrigen Verbindungen und Beziehungen auf, alte Freunde, Bücher, selbst Zeitungen, mit Ausnahme derer, die sich auf unsere augenblickliche Tätigkeit bezogen …“
Zusammen mit seinem Vater wurde Jawaharlal Nehru aufgrund seines politischen Engagements insgesamt neunmal von den Briten verhaftet.
Auf Anraten Gandhis trat Nehru einige Jahre und Verhaftungen später die Nachfolge seines Vaters als Kongresspräsident an und sorgte mit einer flammenden Rede im Dezember 1929 für Aufsehen. Nehru forderte den Kongress auf sich für die völlige Unabhängigkeit Indiens einzusetzen. Zunächst geschockt stimmten die Mitglieder dem Vorschlag schließlich einstimmig zu. Nicht nur für Nehru bedeutete dies einen historischen Schritt:
„Wenn wir in jenem Jahr auch noch nicht die Unabhängigkeit erlangten, so wurden doch unsere Herzen frei.“
Die Unabhängigkeitsbewegung fand immer mehr Anhänger und breitete sich in den folgenden Jahren über das gesamten Land aus. Trotz weiterer Gefängnisaufenthalte Nehrus und Gandhis, die ihre Arbeit erschwerten, setzte das indische Volk seinen Kampf für die Unabhängigkeit unerschrocken fort.
Am 7. August 1942 forderten die Mitglieder des Kongresses die Briten auf, sich sofort aus Indien zurückzuziehen und drohten mit einer noch breiteren Bewegung des zivilen Ungehorsams. Indien stand am Rande einer Revolution. Die britische Kolonialmacht war am Ende und Nehrus Ziel, die Unabhängigkeit Indiens, stand unmittelbar bevor. Verzweifelt versuchte er die Teilung Indiens in einen Hindu- und einen Muslimenstaat zu verhindern, doch ohne Erfolg. Aus der einstigen Kolonie Großbritanniens gingen die Länder Indien und Pakistan hervor, die am 14. bzw. 15. August 1947 ihre Unabhängigkeit erklärten.
Der knapp 58-jährige Jawaharlal Nehru wurde im selben Jahr zum ersten Premierminister einer freien indischen Republik gewählt. Bis zu seinem Tode am 27. Mai 1964 legte er, fast im Alleingang, die Grundpfeiler einer neuen Nation fest, indem er sich für einen demokratischen Sozialismus, für eine Trennung von Staat und Religion und für die Blockfreiheit einsetzte. Geblendet durch die Politik der Sowjetunion, führte er in Indien ein planwirtschaftliches Regime ein, das zu einer aufgeblasenen und oftmals inkompetenten Bürokratie führte.
Im Laufe seiner Amtszeit wurde eine Kluft zwischen seinen Absichten und deren Umsetzung zunehmend deutlicher. Außenpolitisch bezog Nehru in vielen Fällen Stellungen, innenpolitisch gelang es ihm aber nicht, die Eigeninteressen des Landes ausreichend umzusetzen. Das Vermächtnis Nehrus ist dennoch hoch zu achten. Er bildete allein durch den Aufbau einer Demokratie, eine rühmliche Ausnahme in einer Zeit, in der viele Staatsgründungen in Asien Diktaturen hervorbrachten, so etwa Mao in China oder Ho Chi Minh in Vietnam.
Der Tod „Panditjis“ wurde in der gesamten Welt mit großer Trauer aufgenommen. Das Amt der Premierministerin wurde von 1966 bis 1977 sowie von 1980 bis 1984 von Nehrus Tochter Indira Gandhi übernommen, die damit zu einer der einflussreichsten Frauen des 20. Jahrhunderts wurde.
Auch wenn sich Indien nach dem Tod Nehrus relativ schnell von dessen politischen Ideologien abwandte, scheint es sicher, dass sich das Land ohne ihn nicht zu dem unabhängigen Staat hätte entwickeln können, den wir heute kennen.

Quellenangaben:

http://www.harappa.com/sounds/nehru.html
http://www.india-today.com/itoday/millennium/100people/nehru.html
– „Die Nehrus und die Gandhis“ von Tariq Ali
– „Die Erfindung Indiens. Das Leben des Pandit Nehru“ von Shashi Tharoor

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