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Sa, 20. April, 2024
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Molly Ponattu: „Sprachrohr der deutsch-indischen Community“

Foto: (c) Familie Ponattu

Molly Ponattu kam 1973 gemeinsam mit Ihrem Mann Dr. Jose Ponattu aus dem indischen Kerala nach Deutschland, beide liessen sich in Hagen nieder und gründeten eine Familie. Frau Ponattu arbeitete Jahrzehnte als Krankenschwester wurde sogar zur Stationsleitung ernannt. Die Ponattus leiten gemeinsam die Zweigstelle Hagen der Deutsch-Indischen Gesellschaft. 2005 war Kerala von einem Tsunami betroffen. Molly Ponattu erzählt…

Frau Ponattu, seit vielen Jahren führen Sie gemeinsam mit Ihrem Mann Jose bereits die Deutsch-Indische Gesellschaft, Zweiggesellschaft Hagen und sind bis heute in unterschiedlichsten Projekten aktiv. 2005 war der Bundesstaat Kerala vom Tsunami betroffen. Können Sie sich noch an die damalige Zeit erinnern? Sie stammen aus Kerala, sicherlich war das emotional nicht einfach für Sie?

Tatsächlich können wir uns noch sehr gut an die Zeit bzw. die Zustände vor Ort erinnern. Mein Mann und ich haben die Küstenregion in Kerala im Januar 2005, also wenige Wochen nachdem der Tsunami Südasien getroffen hat, besucht, um uns persönlich ein Bild vor Ort zu machen. Normalerweise gehört die Küstenlandschaft Keralas zu den malerischsten Orten; doch uns bot sich ein gänzliches anderes Bild: abgebrochene Kokospalmen, zerstörte Fischerhütten und -boote. Junge und alte Menschen sowie ganze Familien saßen vor ihren Hütten, die der Tsunami zerstört hat. Die Trauer stand den Leuten ins Gesicht geschrieben. Was ich an jenen Tagen in Kerala erlebt habe, hat mich wirklich sehr traurig gemacht. Es wurde sehr schnell deutlich: Der Tsunami hat Existenzen vernichtet. Uns, damit meine ich die gesamte Zweiggesellschaft der DIG Hagen, war sofort klar, dass wir der Region und den Leuten gezielt und schnell helfen möchten.

Sehr schnell haben Sie erfolgreich Gelder über Hilfsprojekte akquiriert und auch so sind wir von theinder.net mit Ihnen zusammengekommen. Wie war das damals, als Sie zum ersten Mal mit uns sprachen und wir diskutierten, was man tun könne. Kannten Sie theinder.net zuvor bereits?

Unser Ziel war es, sämtliche Spenden ohne Abzüge direkt vor Ort zu überbringen, sodass die Hilfe dort ankommt, wo sie auch wirklich nötig ist. Zunächst haben wir daher hier in Hagen und Umgebung mithilfe der lokalen Medien eine Spendenaktion gestartet. Die Resonanz der Hagener BürgerInnen war sehr groß. Theinder.net war für uns kein unbeschriebenes Blatt, da unsere Söhne bereits einige redaktionelle Beiträge auf der Plattform verfasst hatten. Insofern war uns das Portal als Sprachrohr der deutsch-indischen Community und der InderInnen der zweiten Generation in Deutschland bzw. Deutschen mit indischen Wurzeln sehr bekannt. Uns haben das Engagement und die Hilfsbereitschaft der jungen Menschen von theinder.net im Zuge der Tsunami-Katastrophe sehr beeindruckt und gefreut. Darüber hinaus waren wir sehr dankbar für das Vertrauen, welches in uns gesetzt wurde, da wir für die Durchführung des Hilfsprojektes vor Ort zuständig waren. Wir empfanden die damaligen Gespräche mit theinder.net als sehr konstruktiv, pragmatisch und zielführend. Wir haben ja sehr schnell einen gemeinsamen Nenner gefunden und uns für die Einmalhilfe von Schulkindern entschieden.

Welchen Eindruck hatten Sie, als Sie 2005 die „Mahanagar Lounge“ in Köln betraten und das Programm mit so vielen jungen Menschen unterschiedlicher Herkunft erlebten?

Wir erinnern uns sehr gerne an die „Mahanagar Lounge“ zurück. Uns hat das professionell organisierte Event wirklich nachhaltig beeindruckt. So viele junge Menschen haben mit Begeisterung die klassischen und modernen Elemente der indischen Kultur präsentiert, um letztendlich den Menschen in Kerala zu helfen. Dieser gesamte Abend sowie die Hilfsbereitschaft und das Organisationstalent der jungen Leute haben uns sehr bewegt.

Wir hatten uns für eine einmalige Förderung von Schulkindern entschieden, damit sie wieder voll ausgestattet waren und zur Schule gehen konnten, nachdem ihre Familien durch die Flut fast alles verloren hatten. Überhaupt ist Kerala ja sehr stolz auf seine hohe Alphabetisierung. Sie waren vor Ort und haben die Sachmittel übergeben, wie war die Reaktion damals, haben Sie heute noch Kontakt zu den Familien? Wie geht es der Region Alleppey und dem Dorf Arattupuzha heute?

Für die Familien vor Ort war und ist die Schulbildung sehr wichtig. Denn: Die Schulbildung ist das Fundament für die Zukunft der Kinder bzw. der Familie. Daher war es für uns klar, dass die Soforthilfe den Kindern der betroffenen Familien zugutekommt. Mein Mann und ich haben dann im Juni 2005 die Küstengemeinde Arattupuzha besucht, um die einmalige Förderung im Namen von theinder.net an die SchülerInnen zu übergeben. Die SchülerInnen sowie deren Familien waren ob der Utensilien sehr froh und dankbar. Denn so konnte der Schulbesuch trotz der Katastrophe sichergestellt werden. Dies war eine erhebliche Erleichterung für die Familien in dieser misslichen Situation.

Bis 2015 haben wir die Region Alleppey regelmäßig besucht, da die DIG Hagen dort auch andere Hilfsprojekte im Zuge der Tsunami-Katastrophe durchgeführt hat. Einerseits war es sehr schön zu sehen, dass sich die Familien von der Katastrophe weitestgehend erholt haben. So haben die damals geförderten Kinder mittlerweile die Schule beendet und stehen nun mitten im Berufsleben bzw. im Studium. Viele haben auch schon eine Familie gegründet. Andererseits hat die Küstenregion aufgrund der geografischen Lage in den vergangenen Jahren immer wieder mit Naturkatastrophen wie der Flut im Jahr 2018 zu kämpfen.

… und Covid-19.

Ja, dazu kommt in diesem Jahr sicherlich die außergewöhnliche Situation durch die Corona-Pandemie. Dies bekommen die Menschen vor Ort vor allem wirtschaftlich zu spüren. Da zurzeit keine Märkte stattfinden dürfen, haben die Fischer die wichtigste Verkaufsstätte für Ihre Lebensmittel verloren. Die keralesische Regierung setzt hier mit einigen Initiativen an; dennoch ist die Situation für viele Familien existenzbedrohend.

Ist es eigentlich schwierig junge Menschen für die Arbeit in der DIG zu begeistern? Oder variiert das von Zweigstelle zu Zweigstelle?

An dieser Stelle kann ich tatsächlich nur für die Zweiggesellschaft in Hagen sprechen. Bei unseren Kulturfesten ist uns bisher stets gelungen, auch junge Menschen mit und ohne indische Wurzeln für die ehrenamtliche Arbeit zu gewinnen. Trotzdem merken wir, dass ein Großteil unserer Mitglieder schon zu den älteren Altersgruppen gehört. Dank der heutigen Kommunikationstechnologien ist es jedoch problemlos möglich, dass sich unsere jüngeren Mitglieder im Hintergrund engagieren, selbst wenn sie aufgrund von Studium oder Beruf nicht mehr in Hagen wohnen.

Wenn Sie die gesamte Zeit der DIG Hagen seit Gründung revue passieren lassen, was sind die bedeutendsten Ziele, die Sie erreicht haben?

Die Arbeit unserer Zweiggesellschaft fußt auf zwei Säulen. Zum einen gehört unser Ausbildungsförderungsprojekt in Kerala zu den Kernaufgaben unserer ehrenamtlichen Arbeit. In diesem Rahmen fördern wir indische Schulkinder aus sozial schwachen Verhältnissen nachhaltig und transparent. Bis heute haben ca. 200 geförderte Jugendliche bereits einen Beruf bzw. ein Studium abgeschlossen. Zurzeit betreuen wir im Ausbildungsprojekt ca. 180 SchülerInnen. Wenn man überlegt, dass wir dieses Projekt mit sieben SchülerInnen vor 20 Jahren begonnen haben, dann macht mich die heutige Bilanz sehr stolz. Unser zweites Ziel ist es, der deutschen und insbesondere der Hagener Gesellschaft die Vielfalt der indischen Kultur näher zu bringen. Dies erreichen wir durch regelmäßige Vorträge, Kulturfeste, Live-Musik und Tanzveranstaltungen. Mit mittlerweile 160 Mitgliedern sind wir heute ein fester Bestandteil der Hagener Kulturlandschaft.

Erzählen Sie uns von den aktuellen Projekten Ihrer Zweigstelle. Was sind die zukünftigen Ziele?

Das Ausbildungsprojekt sowie die kulturellen Aktivitäten in Hagen und Umgebung werden auch zukünftig die Arbeit der DIG Hagen prägen. Zudem möchten wir in Zukunft auch wieder Studienreisen nach Indien organisieren. Auch die DIG Hagen feiert, so wie theinder.net, dieses Jahr das 20-jährige Bestehen. Ursprünglich wollten wir ein großes Jubiläumsfest feiern. Leider wird dies in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich sein. Das bedauere ich wirklich sehr. Doch wir möchten dieses Fest, sobald es denn wieder möglich ist, mit unseren Mitgliedern, Unterstützern, Freunden des Vereins und allen Indien-Interessierten nachfeiern.
An dieser Stelle möchte ich theinder.net herzlich zum 20-jährigen Jubiläum gratulieren! Wir wünschen dem Portal auch für die Zukunft alles Gute!

Dafür danken wir Ihnen herzlich und können die Menschen ebenfalls nur animieren, die Arbeit Ihrer Zweigstelle zu unterstützen. Danke für Ihre Zeit.

Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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