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So, 19. Mai, 2024
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Petra Klaus: „Der richtige Durchbruch kam natürlich mit Anokha“

Foto: (c) New Generations
Wir hatten schon immer einen Faible für Asian Underground Musik. Gern erinnern wir uns an „Brimful of Asha“ von Cornershop oder „Jaan“ von Talvin Singh aus der Fernsehwerbung und dennoch besetzte dieser Stil eher eine Nische. Er bleibt jedoch der Wegbereiter für die UK Asian Künstler der Gegenwart. Petra Klaus und Binu Kurian (s. Foto) zählen zu den ersten, die in den Neunzigern den Weg für diese Musik in Deutschland frei gemacht haben, ihre „Indian Vibes“ Clubnächte und ihre gleichnamige Radiosendung besetzen einen immens wichtigen und zugleich festen Platz in der deutsch-indischen Musikszene, wie uns ein Gespräch mit Petra Klaus beweisen wird.

Petra, Du und Kurian gehört zu den Pionieren der deutsch-indischen Clubszene und habt mit den „Indian Vibes“ schon in den Neunzigern einen Meilenstein gesetzt. Erzählt uns doch ein bisschen über Euch und die Entstehung der Clubnacht. Wer oder was hat Euch inspiriert?

Daniel Haaksman hatte mir ein Mixtape aufgenommen mit einem Remix von Paul Weller von „Mathar“, das Original ist ja von dem Dave Pike Set (Anm. d. Red.: 1969) bzw dem Wiesbadener Volker Kriegel, also gar nichts Indisches, aber mir gefiel das sehr gut.

Darf in keiner Sammlung fehlen…

… dann spielte Klaus Walter in seiner Radiosendung „Der Ball ist rund“ die ersten Stücke von Cornershop, Talvin Singh und Joi. Ich war begeistert von der Musik und habe angefangen, alles zu sammeln, was ich kriegen konnte. Der richtige Durchbruch kam natürlich mit „Anokha – Soundz of the Asian Underground“ (Anm. d. Red: die Compilation erschien 1997).

Mein Einstieg war 1996 übrigens „6 A.M. Jullandar Shere“ von Cornershop und dann natürlich „Anokha“ rauf und runter. Es ist interessant, dass Ihr sogar ein eigenes Radiomagazin habt. Wie kam es dazu, eine logische Konsequenz aus der Clubnacht?

Es war eher umgekehrt. Wir haben damals mit vielen Leuten zusammen unser Frankfurter Communityradio radio x aufgebaut. Dabei war auch Stefan Müller, später DJ Eastenders, der wie ich von Asian Underground begeistert war. Wir haben dann im August 1997 die erste Asian Underground Clubnacht in Deutschland in Frankfurt veranstaltet. Also ohne das radio x hätte es die Clubnacht nicht gegeben. Im Januar 1998 kam die Radiosendung dazu. Seit dem Jahr 2000 arbeiten Binu Kurian Joseph aka Kurian und ich zusammen.

Also ein waschechtes deutsch-indisches Moderatorenduo, so etwas ist immer schön zu sehen. In Euren Sendungen habt Ihr alles, was Rang und Namen in der britischen Asian Underground Szene hat, interviewt. An welche Gespräche erinnert Ihr Euch gerne zurück, vielleicht habt Ihr die ein oder andere Anekdote, die Ihr erzählen könnt?

Ich erinnere mich sehr gern an Cleveland Watkiss, der persönlich im Studio war und bei uns sein allererstes Radiointerview in Deutschland hatte, auch wenn er jetzt kein wirklicher Vertreter des Asian Underground ist. Talvin Singh und er sind gute Freunde und er ist auf den Talvin Singh-Album „OK“ zu hören. Sehr schön waren auch die Interviews mit Nitin Sawhney, einmal sind wir für dafür extra nach Köln gefahren.

Nitin stand uns auch einmal in einem Interview gegenüber, er ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Bands wie die Asian Dub Foundation engagieren sich stark politisch, sicher geprägt durch den Rassismus, der in UK vorherrscht. In Deutschland erleben wir Rassismus in den vergangenen Jahren stärker. Sind das Themen, über die Ihr sprecht und wie geht Ihr damit um?

Viele Themen werden ja in den Filmen angesprochen, die wir für das Filmfestival auswählen. Der indische Independent Film begleitet den rasanten Wandel in der indischen Gesellschaft und die daraus entstehenden Herausforderungen. Er bearbeitet engagiert soziopolitisch orientierte Inhalte wie Rechte der Frauen, gesellschaftliche Teilhabe, demokratische Rechte, Bildung und Rechte von Minderheiten, um nur einige zu nennen, wobei das konkrete, lokal angesiedelte Filmbeispiel häufig weltweit übertragbar ist. Wir haben Gäste, deren Projekte wir im Gespräch vorstellen, stellen Bücher vor oder weisen auf Veranstaltungen hin.

theinder.net hatte 2001 eine Asian Underground Sektion online gestellt, auch das war zum damaligen Zeitpunkt neu. Wahrscheinlich sind wir auch so in Berührung mit Euch gekommen bzw. wann habt Ihr erstmals von theinder.net erfahren und was waren Eure ersten Eindrücke?

Das erste Mal auf theinder.net bin ich aufmerksam geworden, weil ich seine Gründung eine gute Reaktion auf die „Kinder statt Inder“-Kampagne fand, so habe ich es zumindest Erinnerung, sozusagen eine Form von Signifying.

Es gibt auch einen Verein, seid Ihr damit aktiv, was macht Ihr damit?

Als 2006 Indien zum zweiten Mal Gastland bei der Buchmesse Frankfurt war, haben wir überlegt, was wir aus unserer Perspektive dazu machen könnten. Wir haben eine Ausstellung kuratiert mit digitaler Kunst von jungen British-Asians. Dann haben wir eine Konferenz zum Thema „Call Center Indien“ veranstaltet und Ashim Ahluwalia eingeladen, der seinen Dokumentarfilm „John and Jane“ über Call Center Agents persönlich vorgestellt hat. Um das ganze die Tat umzusetzen, haben wir den gemeinnützigen Verein „Indian Vibes Neue Generationen“ gegründet, der seitdem auch Träger unserer Radioshow ist und auch das Filmfestival veranstaltet.

Eine Alternative zu Bollywood?

2008 hat mein Kollege Binu diesen neuen Typus von Independent Filmen in Indien entdeckt und vorgeschlagen, ob wir nicht ein Festival damit starten sollten. 2009 lief unser erstes „New Generations – Independent Indian Filmfestival“, und es war das erste Festival in Deutschland, das indische Independent Filme gezeigt hat.

Es gibt Zusammenarbeit mit „Masala Movement“…

Manoj von Masala Movement hatten wir bei einem Auftritt von Ges-E und Osmani Soundz in Bonn kennengelernt. Manoj war später auch in einer Ausstellung vertreten, die wir kuratiert haben. Da wir die Filme für eine einzige Vorführung nach Frankfurt holen, haben wir gedacht, es wäre doch schön, wenn noch mehr Leute die Filme sehen könnten. Daher haben wir Masala Movement gefragt, ob sie nicht Interesse hätten, einen Filmabend in Köln zu machen.

Wie sich zeigt, findet das sowohl in Frankfurt als auch in Köln großen Anklang. Nochmal zurück zur Musik: Wie habt Ihr die Entwicklung der deutsch-indischen Club- und Musikszene in den letzten 20 Jahren beobachtet bzw. wie bewertet Ihr diese?

Ich denke, dass es seit einigen Jahren keine richtige deutsch-indische Clubszene mehr gibt. Wir selbst machen ja auch keine Partys mehr, höchstens noch im Zusammenhang mit unserem Filmfestival. Auch unsere Radioshow hat sich von der reinen Musiksendung zum Magazin mit einem breiten Spektrum von Themen und Gästen aus allen möglichen Bereichen entwickelt. Insgesamt hat sich die Musikszene weltweit verändert. Mein Kollege Binu macht die Musikauswahl für die Radiosendung und findet weltweit supergute Musik (lacht).

Was sind Eure künftigen Projekte und Ideen, was würdet Ihr Euch insgesamt für die hiesige Szene noch wünschen?

Ein Wunsch könnte dieses Jahr notgedrungen in Erfüllung gehen, nämlich dass die Filme, die wir einmal im Jahr nach Frankfurt holen, einem breiteren Publikum zugänglich sind. Das Festival findet nämlich dieses Jahr parallel zum Kinoereignis auch online deutschlandweit statt, also die Gelegenheit für viele Leute, mit dem Festivalpass die neuesten indischen Independent Filme zu sehen.

Das unterstützen wir an dieser Stelle gerne, ich danke Dir für das Interview.

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Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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