Indien erfährt eine dramatische Zunahme der Neuerkrankungen, es gibt keinen Sauerstoff mehr in den Kliniken. Auch in England breitet sich die indische Doppelmutante zunehmends aus. Dennoch werden religiöse Massenfeste und Wahlkampfveranstaltungen abgehalten.
In Indien erleben wir derzeit eine dramatische Zunahme der Coronafälle, über 300.000 offiziell gemeldete Neuinfektionen an einem Tag – das ist mehr als jemals irgendwo auf der Welt gemeldet wurde – an einem Tag.
Dabei schien Indien die Pandemie weitestgehend in den Griff bekommen zu haben. Nach einem sehr harten Lockdown und Start der Impfkampagne sahen die Zahlen zunächst gut aus, doch schießen sie nun durch die Decke. Indische Zeitungen berichten, dass die Kliniken und Krematorien überfüllt seien, heute gab es dem Radiosender NDR Info zufolge in ganz Neu Delhi keine Klinik mehr mit ausreichend Sauerstoff.
Schuld daran scheint eine neue Mutante zu sein. „B.1.617“ ist mittlerweile die häufigste aller erfassten Mutanten in Indien. In Maharashtra, dem am stärksten betroffenen Bundesstaat, macht sie aktuell rund 60% der Fälle aus. Allerdings sequenziert Indien nur weniger als 1% der Fälle und viele Erkrankte bekommen auch nie einen Test, so dass die Dunkelziffer sehr hoch ist.
Die Genomsequenzierungsdaten, die von indischen Wissenschaftlern an eine Open-Source-Datenbank übermittelt wurden, zeigen gleich zwei Mutationen am Spikeprotein (E484Q und L452R).
Ob derzeitige Impfungen vor dieser Virusvariante schützen, ist noch unklar, da in Indien dafür zu wenige Daten erfasst werden. Erst 8% der indischen Bevölkerung haben bisher ihre erste Impfung erhalten.
Bald jedoch könnten solche Zahlen durchaus auch aus England kommen: die indische Doppelmutante breitet sich grade exponentiell in Großbritannien aus. England hat aktuell sehr niedrige Fallzahlen dank einer guten Durchimpfung der Bevölkerung. Nun ist jedoch der Anteil der indischen Variante in einer Woche von 0,2% auf 1% der Fälle gestiegen.
Sollte England dank seiner hohen Sequenzierungsrate feststellen, dass diese Variante infektiöser oder impfresistenter ist, dürfte es bereits zu spät sein, sie einzudämmen, wird Prof. Christina Pagel, britisch-deutsche Mathematikerin am University College in London in einem Artikel von Dr. Lea Wask in DocCheck zitiert.
Quelle: doccheck.com „Indische Variante: Anarchy in the UK“, NDR Info
Weiterführender Link: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/123111/COVID-19-Wie-gefaehrlich-ist-die-indische-Variante-B-1-617
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