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Sa, 27. Juli, 2024
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Samiksha 2000: Der Jahresrückblick

Das sogenannte Millennium-Jahr neigt sich dem Ende zu. Deshalb wollen wir euch nochmal zeigen, was eigentlich an den 365 vergangenen Tagen alles in und um Indien passiert ist. Sherry Kizhukandayil berichtet.
„Ein Moment zum Feiern und ein Moment zum Nachdenken“, so könnte man die Geburt der kleinen Astha sehen. Wer um alles in der Welt ist Astha, fragt ihr euch? Das kleine Mädchen erblickte am 11.5.2000 das Licht der Erde und ist somit offiziell die ein milliardste Inderin.

Das Land Indien hat mit Leichtigkeit die Schallmauer von einer Milliarde Menschen erreicht. Bei den Olympischen Spielen von Sydney sah es dagegen düster aus. Aber dass wir keine großen Sprünge machen würden, wusste man schon vorher. Positive Ausnahme war nur die Gewichtheberin Karnam Malleswari, die als erste indische Frau eine Medaille (Bronze) für unser Land erringen konnte. Deshalb standen wir am Ende der Spiele auf dem 70 Platz, also ganz weit unten.

Was passierte sonst im „sportfaulen“ Indien? Das indische Doppelteam, bestehend aus Leander Paes und Mahesh Bhupati, hatte ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Die Trennung der beiden stellte den negativen Höhepunkt dar.

Aber als beide merkten, dass sie gemeinsam mehr erreichen können taten sie sich wieder zusammen. Somit hatten sie auch Erfolg bei der Doppelweltmeisterschaft in Bangalore, wo sie erst im Finale den Kürzeren ziehen mussten. Wir werden sicher in nächster Zeit noch einiges von den beiden hören, denn sie haben viel vor und wollen wieder die Nummer eins werden.

Ein anderer „Sportler“ nutzte seine Chancen, dieses Jahr Weltmeister zu werden: Die Rede ist von Vishwanath Anand, der den Titel des Schachweltmeisters errang. Das Daumendrücken war diesmal also nicht umsonst.

Was dieses Jahr auch leider nochmals bestätigt wurde, ist, dass Indien ein korruptes Land ist. Diesmal stand jedoch nicht die vielgescholtenen Politiker im Mittelpunkt, sondern zwei den InderInnen sehr wichtige Bereiche: Cricket und die indische Filmbranche (Bollywood).

Letzterer wurden Verbindungen mit der Mafia nachgesagt. Nichts neues: Insider wussten schließlich schon lange, dass die „Bollywoodindustrie“ in einem Sumpf der Korruption steckt. Dies wurde nochmals durch die Verhaftung des Regisseurs, der für den Film „Chori Chori Chupke Chupke“ (mit Salman Khan) Geld von der indischen Mafia bekommen hatte, bestätigt. Aber es gab auch erfreuliches aus der „Bollywoodschmiede“ zu berichten, nämlich die Filmhits. Da wären beispielsweise der Film „Fiza“ (sehr sehenswert), „Mohabbatein“ (gelungene Lovestory) sowie „Mission Kashmir“ (dazu muss man nichts sagen).

Bleiben wir doch bei der Filmbranche: Ein junger indischer Regisseur machte dieses Jahr in Hollywood auf sich aufmerksam und heimste sogar einen Oscar ein. Die Rede ist von M. Night Shymalan. Der gebürtige Tamile lebt in Amerika und hat den sehr erfolgreichen Film „The Sixth Sense“ (mit Bruce Willis) gedreht. Der Film wurde in der ganzen Welt ein Erfolg und Shymalan kann sich vor Angeboten nicht mehr retten. Für seinen neusten Film, „Unzerbrechlich“ (mit Bruce Willis und Samuel Jackson), bekam er eine Gage von 20 Millionen Dollar! Innerhalb von kurzer Zeit ist der Inder zu einem gefragten Mann in Hollywood geworden.

Bei den 57 Filmfestspielen in Venedig gewann Buddhadel Dagupitar für seinen Film „Uttara“ den goldenen Löwen für die Kategorie „Beste Regie“.

Weiteres Leben in die indische Medienlandschaft brachte Ende des Jahres die Show „Kaun Banega Crorepati“, moderiert von Superstar Amitabh Bachchan, bei welcher es sich um einen Ableger des britischen Vorbildes „‚Who Wants to Be a Millionaire“ handelt. Es ist das erste Mal, dass im indischen Fernsehen so große Summen zur Disposition stehen. Entsprechend hoch die Zuschauerresonanz: Während der Sendezeiten sind die Straßen wie leergefegt.

In der Welt der Literatur sorgte das Erstlingswerk „Interpreter of Melodies – Melancholie der Ankunft“ der Inderin Jhumpa Lahri für Furore. Sie gewann den Pulitzer Preis für Belletristik in Amerika. Das bemerkenswerte ist, dass es bei dem Buch nicht um einen Roman, sondern eine Sammlung von Kurzgeschichten handelt.

In der indischen Musikindustrie gab es eigentlich nichts wirklich neues zu vermelden. Vielleicht sollte man erwähnen das A.R. Rahman und Andrew Lloyd Webber ein gemeinsames Musical machen wollen („Bombay Dreams“), welches schon bald Premiere haben soll.

Die Schriftstellerin Arundhati Roy sorgte diesmal nicht mit einem neuen Buch für Schlagzeilen ,sondern setzte sich für die Menschen des Narmadatals sowie die Betroffenen des Maheshwar-Staudammprojekts ein und kämpft für deren Rechte.

Die Autorin und 1500 Dorfbewohner wurden Anfang des Jahres aufgrund ihrer Proteste sogar verhaftet und mussten ins Gefängnis. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, dass Menschen, die für Gerechtigkeit und das Wohl der Menschen kämpfen oft nicht belohnt werden und immer wieder Niederlagen kassieren müssen.

Katastrophen verschonten Indien auch dieses Jahr nicht: Im April wurde der Bundesstaat Rajasthan von einer außergewöhnlich langen Dürreperiode heimgesucht, die zu einer Hungerkatastrophe führte. So etwas gab es seit 100 Jahren nicht mehr! Fünfzig Millionen Menschen in Rajasthan und Gujarat waren betroffen. Tausende Kühe verdursteten, Millionen Menschen tranken verseuchtes Wasser. Die Regierung bat die Bevölkerung um Spenden für die Betroffenen und gab zur gleichen Zeit 30 Milliarden Dollar für Rüstung aus. Was für eine Welt!

Im Juli stürzte eine Boing der indischen Gesellschaft Alliance Air ab, wobei 55 Menschen ums Leben kamen.

Auch die Eisenbahn wurde von mehreren Unglücken heimgesucht. Dabei starben insgesamt 40 Menschen.

An dem desolaten Zustand der indischen Züge und Strecken hat sich auch im Jahre 2000 nichts geändert.

Geändert hat sich auch nichts bei Misswahlen: Indien hat ein Dauerabo auf die ersten Plätze bei Veranstaltungen solcher Art. Den Anfang machte im Mai Lara Dutta (21): Sie wurde zur Miss Universum gewählt. In diesem Monat folgte ihr Priyanka Chopra (18), die zur Miss World gekrönt wurde. Die indischen Frauen sind halt die schönsten!

Dass Indien nicht nur ein Land der Schlangenbeschwörer und Kuhanbeter, sondern auch eines der Mausklicker ist, führte uns die Green Card Initiative der Bundesregierung vor Augen. Obgleich sie kein großes Interesse bei den InderInnen entfachte, da Kampagnen wie die eines Herrn Rüttgers („Kinder statt Inder“) und die Sprachbarriere Deutschland in seiner Attraktivität nicht gerade steigen ließen.

Dafür „graste“ Bill Clinton die indischen Universitäten ab und warb für Amerika. Mit Erfolg. Seit 22 Jahren hatte kein amerikanischer Präsident mehr Indien besucht. Bill Clinton konnte aber keine wirklich nennenswerten Erfolge verzeichnen. Indien „spielte“ seine Rolle gut und überraschte mit Selbstbewusstsein. Der US-Präsident ermahnte Indien und Pakistan endlich eine Lösung im Kashmir Konflikt zu finden und des weiteren den Atomwaffensperrvertrag zu unterschreiben.

Fortschritte in der Kaschmir-Frage gab es auch dieses Jahr nicht. Beide Seiten zeigten Ende des Jahres Andeutungen zu einer Deeskalation. So zog Pakistan einen Teil seiner Truppen ab. Ein kleiner Schritt, aber besser als nichts. Hoffen wir das Beste, besonders für die Menschen in Kashmir.

Ich wünsche mir für Indien, dass es in Zukunft endlich mal den richtigen Weg zu einer wahren Demokratie nicht findet und auf diesem nicht mehr so viele Rückschläge einstecken muss.
Was passierte eigentlich sonst noch so?

Ach ja, im Juni diesen Jahres gründeten drei junge Inder der zweiten Generation die erste indische Online-Community in Deutschland, theInder.net.

In diesem Sinne: Guten Rutsch ins Jahr 2001!

Sherry Kizhukandayil
Sherry Kizhukandayil
Sherry Kizhukandayil, Jg. 1980, ist ehemaliger Redakteur von theinder.net. Als Netzreporter baute er dort die Rubrik Unterhaltung mit Schwerpunkt Bollywood auf. Später machte er sich dann mit seinem Projekt Ambassador Network 2001-2014 und als DJ Keralaboy selbständig. Sherry war von 2011-2016 Chefredakteur des Printmagazins India! und ist heute Geschäftsführer der za:Media GmbH.

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