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Sa, 27. Juli, 2024
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Malayalamfilme – zwischen Anspruch und Mainstream

Filme aus Kerala glänzen durch ihren künstlerischen Wert und sind darin wohl die zweitbesten ganz Indiens, gleich nach den Bengali-Produktionen. Natürlich werden auch nichtssagende Streifen auf Malayalam gedreht, doch erfreulicherweise sind viele wirklich gut. Das mag an der hohen Alphabetisierungsrate Keralas liegen – der höchsten in Indien – und an der beachtlichen Zahl begabter Malayalamautoren, die viel gelesen werden. Sherry Kizhukandayil hat sich näher mit Malayalamfilmen und „Malluwood“, der Filmindustrie aus Kerala, beschäftigt.

Der erste Malayalam-Film, ein historisches Werk mit dem Titel „Marthanda Varma“ (s. Foto), 1928 vollendet, war die Verfilmung eines bekannten Romans. Zu den großen Erfolgen der Geschichte des Malayalamfilms zählt auch der Streifen „Neelakukil“ nach einer Erzählung des namhaften Schriftstellers Uroob. Der Film von P. Bhaskaran und Ramu Kariyat brachte erstmals die landschaftliche Schönheit Keralas einem breiteren Publikum nahe. Er gewann 1956 die Silbermedaille des indischen Präsidenten (für den zweitbesten Film des Jahres). Dieser Ehrung folgte 1965 die Goldmedaille für „Chemeen“ („Roter Fisch“) unter der Regie von Ramu Kariat, der ebenfalls auf einem Roman basierte.
M.T. Vasudevan Nair, einer der großen zeitgenössischen Autoren Keralas, bewies mit exzellenten Drehbüchern meisterhaften Umgang mit dem mit dem Medium Film. Er versuchte sich auch als Regisseur und gewann bereits mit seinem Erstling Nirmalayam die Goldmedaille des Präsidenten für den besten Film des Jahres 1973 und mit seinem Hauptdarsteller P.J. Antony den Preis für die größte schauspielerische Leistung. Das Malayalam-Kino hat Regisseure hervorgebracht, die national und international erfolgreich waren. Aravindan machte sein Debüt mit „Utharayanam“, der von der Sonderjury zum besten Film über den indischen Freiheitskampf gewählt wurde. Seither wurden Aravindans Filme mit ihrer subtilen Darstellung zwischenmenschlicher Beziehungen im In-und Ausland preisgekrönt. „Chidambaram“ („Die Heimstadt Shivas“) gewann 1985 die Goldmedaille des Präsidenten, und die Hauptdarstellerin Smita Patil wurde als beste Schauspielerin ausgezeichnet.
Ein anderer großer Malayalam-Regisseur ist Adoor Gopalakrishnan, der bereits mit seinen ersten Film „Swayamvaram“ Aufsehen erregte. Er gewann damit 1973 die Goldmedaille des Präsidenten, seine Hauptdarstellerin Sharada wurde für die beste schauspielerische Leistung geehrt. Gopalakrishnans Folgeproduktion, etwa „Elipathayam“ („Rattenfalle“) oder „Mukhamukam“ („Von Angesicht zu Angesicht“) sind herausragende Werke des Malayalam-Kinos; sehenswert sind all seine Filme. Shaji, der als Kameramann begann, gewann mit seinem Regiearbeit „Piravi“ („Geburt“) 1988 die Goldmedaille des Präsidenten. Sein 80-jähriger Hauptdarsteller wurde zum besten Schauspieler gekürt. Der Film wurde auch international prämiert.
Zu den Regisseuren, die sich mit eigenwilligen Filmen als Meister ihres Fachs erwiesen, zählen John Abraham, der unter tragischen Umständen starb, ferner George, Pavithran, Mohan und Padmarajan, der auch ein bekannter Autor ist. Regisseure wie I.V. Shashi Anthikkad tendieren mehr zu profitorientierten Filmen, doch auch sie verstehen ihr Handwerk. Unter den Darstellern fand ein Malayalamschauspieler sogar den Weg ins Guinnessbuch der Rekorde: Prem Nazir spielt in über 700 Filmen die Hauptrolle. Zu den großen Malayalamstars der Gegenwart gehören Mohanlal, Mammootty, Suresh Gopi und Jayaram, aber Tilakan ist eine Ausnahme für sich, dieser spielt seine Rollen glaubhaft und spielt auch mal den Bösen oder den Guten. Bei den anderen genannten Schauspielern ist das nicht der Fall. Sie verkörpern den „Superstar“ schon seit Jahren und schlüpfen dementsprechend in verschiedenen Rollen. Es ist bezeichnend für den modernen Malayalamfilm, daß keine weibliche Darstellerin Furore machen, außer vielleicht Shobana und Manju Warrier.
Die Malayalamfilme unterscheiden sich im wesentlichen überhaupt nicht von anderen indischen Filmen. Es gibt auch dort auch einen „Hero“ und die Frauen spielen oft das schwache Geschlecht und müssen bei fast jeder Gelegenheit heulen. Die Filme spiegeln eigentlich meistens das wahre Leben wieder. Es handelt immer von Intrigen, dem alltäglichen Familienleben und der indischen Kultur. Leider kommen auch immer wieder diese niveaulosen und übertriebenen Kampfszenen, die schon seit zig Jahren einfach zu Filmen gehören, aber einfach zum Abwinken sind. Auch in Malayalamfilme dürfen keine Lieder fehlen. Die Songs gehen von kitschig bis zur richtigen indischen klassischen Musik. Die bekanntesten Sänger/innen sind der „immer-eine-gute Stimme-habende“ K.J. Yesudas, der über 30.000 (!) Lieder in verschiedenen indischen Sprachen gesungen hat. Er ist der Amitabh Bachchan der Musikszene. Die Sängerin Chitra darf man auf keinen Fall vergessen, denn auch sie ist ein fester Bestandteil der Malayalammusikszene und verzaubert die Menschen in Kerala und außerhalb mit ihrer glasklaren Stimme.
Man sollte auch hierbei nicht vergessen, dass es auch Filme gibt, die nicht das Massenpublikum erreichen will, sondern eher auf Anspruch und Kulturgut. Aktuelles Beispiel ist der Film „Karunam“, der bei der Berlinale auch einen Preis einheimsen konnte, aber es war kein Blockbuster in Kerala. Oder der Film „Bhootakannadi“ („Lupe“) mit Mammothy war auch kein Mainstreamfilm, sondern eher innovativ und melancholisch. Habe den sogar bei uns in Heidelberg im Karlstorbahnhof (Kino) gesehen. Empfehlenswert.
Die „Lachmuskeln“ der Kinobesucher sollen auch mal benutzt werden und dafür sind dann die Schauspieler wie Innocent, Jagathy,Jagatish, Kalabhavan Mani und noch viele weitere verantwortlich. Der Europäer wird sich wundern und kopfschütteln über was die Inder so lachen.
Auch eine neue Generation neuer Schauspieler in der Malayalamfilmindustrie wächst heran und findet immer mehr Anhänger der „jungen Wilden“. Da wären zum einen Kunchacko Boban, der zusammen mit Shalini zwei Hits landen konnte mit „Niram“ und „Aniyathipravu“. Weitere Schauspieler/innen, die in Zukunft nicht mehr wegzudenken sind Dilip, Kavya Madhavan, Kaveri und Praveena.
Auch der Malayalamfilm ist ein wenig wie die Bollywoodszene in einer Krise, denn die Macher und alle Beteiligten fehlt es im Moment an neuen Ideen und deshalb sinken die Kinobesucher in Kerala ein wenig, aber das ist normal im Filmgeschäft, egal ob in Hollywood oder Bollywood.
Die Filmindustrie in Kerala wird mit Sicherheit auch in den nächsten zwanzig Jahren Filme mit  Niveau und Sinnlosigkeit herausbringen.
Sherry Kizhukandayil
Sherry Kizhukandayil
Sherry Kizhukandayil, Jg. 1980, ist ehemaliger Redakteur von theinder.net. Als Netzreporter baute er dort die Rubrik Unterhaltung mit Schwerpunkt Bollywood auf. Später machte er sich dann mit seinem Projekt Ambassador Network 2001-2014 und als DJ Keralaboy selbständig. Sherry war von 2011-2016 Chefredakteur des Printmagazins India! und ist heute Geschäftsführer der za:Media GmbH.

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